Der unnötige Zwist zwischen Biologie und Philosophie

Gemäss diverser Biologen ist der Mensch im Wesentlichen durch seine Gene und das Bestreben, diese Gene zu erhalten, egoistisch motiviert. Diverse Philosophen vertreten eher den Ansatz, dass Kultur, Bildung und Erziehung wesentlich wichtigere Faktoren für die Motivation wären, als irgendwelche genetisch begründeten Egoismen und das nicht alles mit Egoismus begründet werden kann.

Wer hat also Recht?

Beide!

Was sonst? Es ist immer nur eine Frage der Perspektive!

Meine Thesen wären:

  • Aus dem Umstand Leben und leben wollen ergeben sich folgende Konsequenzen:
    • Arterhaltende Überlebensstrategien:
      • Reproduktion, Weitergabe des Erbmaterials
      • Fairness
        • Altruismus (arterhaltend)
    • Selbsterhaltende Überlebensstrategien
      • Egoismus
        • Altruismus (langfristiger Egoismus)

Warum das so ist, versuche ich hier mal aufzudröseln und einigermassen logisch zu begründen.

Stärkstes Argument für die Biologen ist natürlich der Fakt, dass ein Aussterben evolutionstechnisch immer ein Misserfolg der Gattung ist. In sofern müsste, wenn das Nicht-Aussterben (wollen wir nicht alle leben, am liebsten ewig?) tatsächlich ein Beweggrund für uns wäre, das Überleben der Gene, der arttypischen Merkmale, für uns eine wichtige Rolle spielen. Wenn wir auf dem Spielbrett der Evolution stehen, dann ist es sogar unsere wichtigste Rolle. Wenn man meinen Annahmen bis hierher gefolgt ist, dann muss das Überleben der Gene eine zentrale Rolle für unsere Gattung spielen. Doch für den Einzelnen ist das Spielbrett der Evolution völlig unrelevant, der hat andere Probleme im Hier und Jetzt.

Und vielleicht will Leben ja einfach auch nur leben und schert sich nicht um morgen? Allerdings muss das Leben, um den Kreislauf aufrecht zu erhalten, sich reproduzieren. Wir sind nun mal nicht unsterblich. Wir sind Biomasse. Auch aus dieser Notwendigkeit heraus betrachtet, muss zumindest die Reproduktion ein wichtiger Faktor sein, ob Gene dabei erhalten bleiben oder auch verschütt‘ gehen, ist eher nebensächlich. Solange die Nachkommen geeignete Gene haben, mit denen sie unter den herrschenden Bedingungen überleben können.

Hier schon mal der erste Dämpfer für die Biologen. Gene entwickeln sich, Gene verändern sich und auch wenn wir jede Menge alten genetischen „Schrott“ mit uns führen, so sind es nicht die Gene, die wichtig sind, sondern die Kombination der aktiven Gene, die die Überlebensfähigkeit prägt oder hervorbringt. Dawkins möge mir verzeihen, aber von einem egoistischen Gen an sich, kann nicht die Rede sein. Eher von einem Wirtskörper, der bestrebt ist, eine bessere oder zumindest gleich gute genetische Kombination zu erzeugen. Einen Nachfahren, der überlebensfähig ist. Welches Gen soll das also genau sein, aus diesem reichhaltigen Genpool, das den Menschen angeblich programmiert?

Aber auch für die Philosophen gibt es nichts zu lachen. Da sie auf dem Spielbrett der Kultur und der Sozialgemeinschaften stehen haben sie zwangsläufig einen anderen Blickwinkel wie die Biologen. Sie denken vor allem in kürzeren Zeiträumen und in vordefinierten Situationen. Zumeist in allzu zwischenmenschlichen Dimensionen. Und natürlich ist es richtig, dass auf ihrem Spielbrett die Regeln der Kultur und Sozialgemeinschaften eine wesentlich höhere Rolle spielen als auf dem Spielbrett der Evolution. Doch schliesst das eine das andere aus?

Warum kann hier keine der Fraktionen das „sowohl als auch“ entdecken? Warum beharrt jede Fraktion auf Meins! Meins! Meins! Es wird massgeblich durch die Biologie bestimmt! Es wird massgeblich durch die Kultur bestimmt! Es ist genetisch vorgegeben! Es ist genetisch nicht vorgegeben! Es ist ja fast schon wie im Sandkasten. Meine Schaufel, deine Schaufel! Dabei sind zwei Schaufeln da und man kann beide benutzen.

Treten wir doch einen Schritt zurück. Was ist überhaupt dieses Leben und kennt es eine Absicht? Da über die Definition, was Leben ist, immer noch gestritten wird, werde ich elegant dieses Thema umgehen und zu einem Punkt kommen, den wir als Mensch einigermassen hinreichend beantworten können. Hat Leben eine Absicht? Da sage ich natürlich und ohne zu zögern ja. Denn eine Absicht ist überall zu entdecken: Die Absicht leben zu wollen. Kein Lebewesen stirbt von sich aus gern. Selbst eine halbgerodete Baumwurzel kann noch mal austreiben, sollten die Bedingungen günstig sein. Leben bedeutet genau das. Zu leben und zwar so lange es einem möglich ist. Aber nicht zu jedem Preis.

Und sollte es einen nicht nachdenklich stimmen, dass das Letzte was sterbende Pflanzen versuchen, die Blüte ist oder das Männer, die erhängt werden, noch mal einen Ständer bekommen?

Da nur Einzeller, die sich durch Teilung vermehren, „unsterblich“ sind, muss jedes Lebenskonstrukt, das aus mehr als einer Zelle besteht, versuchen einen Reproduktionskreislauf aufrecht zu erhalten. Denn dies entspricht der Absicht, leben zu wollen. Wenn man es nicht unendlich kann, dann kann man es vielleicht mit Tricks auf quasi unendlich schaffen. Und die Reproduktion ist so ein Trick.

Es ist ja nicht so, dass diese Absicht Leben zu wollen, eine intellektuell grossartige Leistung erfordert. Jeder der sagt, ich will nicht sterben oder der dem Sterben versucht aus dem Weg zu gehen, erfüllt diese Absicht, ob bewusst oder unbewusst.

Allerdings gilt dies nur, wenn die Funktionstüchtigkeit des Körpers auch gegeben ist. Und keine ausweglose Situation herrscht. Wenn Alter oder Krankheit einen Körper zermürbt haben, wenn das Lamm, wohl wissend, was ihm blüht, sich dem Löwen ergibt, wenn der Hase nicht mehr vor der Schlange wegspringt, wenn die Maus es aufgibt zu fliehen, egal wie oft sie von der Katze in die Luft geworfen wird, dann sind Situationen erreicht, in der die meisten Lebensformen den Kampf aufgeben. Warum auch nicht? Wenn die mögliche Erfolgsrate für Überleben auf ein Unwahrscheinlichkeitsniveau sinkt, warum sollte man noch dagegen ankämpfen?

Und doch wird es immer auch welche geben, die dies genau versuchen. Es gehört nämlich zum Leben, dass es Vielfalt sucht, nicht Einfalt. Das jedes Modell, jede Variante eine Chance bekommt, so klein sie auch sei. Du hast keine Chance, also nutze sie, könnte ein Motto sein, dass die Evolution geschrieben haben könnte, denn sie bewusst wäre.

Wenn wir also annehmen, dass wir, dass das Leben, nur diese eine Motivation hat, dieses „ich will nicht sterben“, wie konnte daraus dann diese Zivilisation entstehen, diese Vielfalt von Leben (die der Mensch nebenbei gesagt, drastisch reduziert), diese Kultur, die alte biologische Instinkte im Menschen ausser Kraft setzen oder umleiten kann?

Denn da ist doch der Knackpunkt, wenn Kultur biologische Instinkte ausser Kraft setzen kann, sogar unwichtig werden lassen kann, wie kann das dann noch biologisch bestimmt sein. Wo ist da der Egoismus?

Und schon bewegen wir uns auf vermintem Gebiet. Egoismus, ein Wort, übel beleumdet. Ein Wort mit vielfältiger Bedeutung. Aus der Perspektive des Biologen wird Egoismus sicher nicht den gleichen Stellenwert haben, wie aus der Perspektive eines Philosophen.

Wenn also Robert Trivers gemäss Precht sagt: „Daher ist der kooperative Mensch alles andere als wahrhaft altruistisch; er hat nur stärker sein langfristiges Eigeninteresse im Blick als das kurzzeitige.“, dann fällt auch Precht in seinem Buch darauf nur folgende Erwiderung ein „Sind wir alle Egoisten, eingeteilt in die kurzfristigen und die langfristigen? Dem Wortsinn nach bedeutet Egoismus »Eigennützigkeit«. Fasst man das Wort so allgemein, dann sind wir sicher alle Egoisten“. Also bemängelt Precht die zu allgemeine Definition, kann es sich dann aber doch nicht verkneifen, eine Seite später zwischen hartem Egoismus und knallhartem Egoismus zu differenzieren. Womit er Trivers quasi wieder Recht gibt.

Und genauso, ungefärbt durch die Moralbrille, denke ich, sehen Biologen in den meisten Fällen den Egoismus. Als »Eigennützigkeit«. Während Philosophen hier auch die Ichsucht und die Selbstsucht verorten. Kulturphänomene, die auch dem Egoismus zugeordnet sind, aber genaugenommen besondere Spielarten des Egoismus darstellen. Sonderfälle im menschlichen Zwischenraum. Jene Fälle die dem Wort Egoismus den schlechten Beigeschmack gegeben haben.

Insofern hat Trivers bereits eine Brücke für die Philosophen gebaut. Vor der ein Precht trotzig stehen bleibt und einige absurde Beispiele anführt, während er sich laufend die dazu passende Definition des Egoismus anpasst und über die Wortdefinition versucht, wieder Oberwasser zu gewinnen.

Wenn Precht versucht, mit Beispielen, wie „Was sind das zum Beispiel für seltsame Menschen, die in einer fremden Stadt einem Kellner Trinkgeld geben? Wer spendet anonym oder opfert sein Leben für Waisenkinder in Ruanda auf?“ den Egoismus zu widerlegen, dann hat er durchaus Recht. Aber nur, wenn man nicht zu genau hinschaut.

Wie heisst es so schön, man sieht sich mindestens zweimal im Leben. Und bei den meisten Menschen, die in einer fremden Stadt sind, wissen wir nicht, ob sie vielleicht noch öfter in diese Stadt kommen werden (da würde sich das Trinkgeld nämlich rentieren) oder ob ihre Bezugsgruppe einfach grösser ist. Sie also Menschen als Menschen erkennen und anerkennen, egal wo sie ihnen begegnen. Und dementsprechend behandeln. Ein langfristige Investition auf interkulturellem Niveau quasi.

Oder auch eine kurzfristige Investition, einfach eine Belohnung für Aufmerksamkeit, gute Bedienung und zufriedenstellenden Service. Lediglich aus dem Grund, weil man dies auch erwarten würde, wenn man in dieser Situation gute Arbeit leistet. Man einfach Erwartungserwartungen erfüllt, um mit Luhmann zu sprechen.

Meist werden ja auch noch soziale Daten ausgetauscht, woher man kommt, was man beruflich macht. Alles Gruppen mit denen der jeweilige Mensch konkret interagiert. Damit wird die Repräsentation, das Ansehen, der Status der jeweiligen Gruppen gestärkt, wenn ein Mitglied dieser Gruppen als freundlich und freigiebig wahrgenommen wird. Man hat zudem etwas zu erzählen, kann sich im besten Lichte darstellen, so man will, hat ein neues Thema für die Beziehungsebene in der Kommunikation usw., Altruismus kann also, wie Trivers meint, durchaus langfristiger Egoismus sein.

Aber ist er das immer? Kommen wir zu dem Beispiel mit dem Menschen, der sich für ein Kind in Ruanda opfert. Schon in der Wortwahl martialisch, aber belassen wir es dabei. Fragen wir auch nicht nach den Gründen. Warum diese Person nach Ruanda geht, wie es in den Bezugsgruppen dieser Person aussieht, welche psychischen und physischen Probleme vielleicht vorliegen. Nehmen wir einfach mal an, jemand würde dies tun. Und sonst gäbe es keine Indikatoren, die dafür sprechen würden, dass sich ein Mensch seinen Bezugsgruppen entzieht, das ein Helfersyndrom vorliegt etc. – also ein klinisch-philosophisch reiner Mensch (denn es nicht gibt, wie ich anmerken möchte). Aber für Spass, nehmen wir es einfach mal an.

Die Argumentation mit dem langfristigen Egoismus funktioniert in dem Fall tatsächlich nicht mehr. Da der Mensch sich opfert, haben auch seine alten Bezugsgruppen keinen Vorteil, er ebensowenig im Bezug auf diese Gruppen. Das Kind in Ruanda ist ihm verwandtschaftlich vielleicht nicht näher als irgendein beliebiger Mensch in China. Aus welchen Gründen könnte dies ein Mensch tun? Vergessen wir nicht, auch Affen betrauern ein Roboteraffenbaby, dass sie als tot erachten, dass aber nicht Mitglied ihrer Gruppe und Familie war. Die Szenerie ist also nicht abwegig.

Könnte es nicht sein, dass es neben dem Egoismus (in seiner neutralen Form), egal ob kurzfristig oder langfristig, noch eine andere Motivation in uns steckt? Eine Motivation die aus der Arterhaltung oder unserem Bauplan herrührt? Wenn man z.B. das Schwarmverhalten von Vögeln und Fischen hernimmt, Flug- und Schwimmmuster, die Fressfeinde verwirren und ablenken sollen, dann ist hier von Egoismus keine Rede mehr. Jeder Vogel, jeder Fisch kann jederzeit Angriffsziel werden. Aber auch die Chancen sind gleich verteilt. Wir haben hier also Konzepte, die eine grössere Population schützen sollen und bei der die Chancen für alle fair verteilt sind.

Wie Experimente von Brosnan und de Waal festgestellt haben, besitzen auch Kapuzineraffen einen Sinn für Fairness. Ich würde hier noch weiter gehen, wer schon mal eine beleidigte Katze oder einen beleidigten Hund gesehen hat, weiss was ich meine. Aber dazu müssen natürlich erst irgendwelche Experimente gemacht werden. Was wiederum unwahrscheinlich ist, weil jedes dieser Experimente mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führt, dass immer weniger von der Einzigartigkeit des Menschen übrig bleibt.

Ich stelle also trotzdem die gewagte Behauptung auf, dass Fairness und Egoismus zwei Basisfaktoren sind, die in allen auf Zellen basierenden Lebewesen vorkommen. Ja sogar vorkommen müssen!

Häh, wird jetzt mancher fragen? Egoismus kann ich mir ja noch vorstellen, aber warum sollte alles Leben auch noch auf Fairness beruhen?

Dafür gibt es eine einfache Erklärung. Das Leben, jedwedes Leben das wir kennen, basiert auf Zellen. Die Ausnahme von der Regel, die es natürlich geben muss, sind Viren. Und dass die nicht fair sind, weiss so ziemlich jeder. Und zellenbasiert sind sie auch nicht. 😉

Nein, Spass beiseite, die Anfänge des Lebens waren Einzeller und später Zellverbände. Für einen Einzeller ist Egoismus ein Muss. Zwangsläufig. Wer ausser dem Einzeller selbst kümmert sich um ihn? Da ist Egoismus zwingend.

Nun gehen wir weiter zu Zellverbänden, erste Bakterienmatten, die sich zusammengefunden, zusammengeballt haben. Wer weiss welche schrecklichen Schlachten in jenen Zeiten geschlagen wurden, bis die Fairness erfunden wurde. Als überlebensnotwendige Fähigkeit!

Nicht alle Zellen sind vielleicht gleich nah an einer Futterquelle. Und werden die anderen Zellen nicht versorgt, löst sich der Verband auf. Als Zellen dann anfingen, dauerhafte Kooperationen einzugehen, sich spezialisiert haben, zu ersten Pflanzen und Tieren, hatten die Zellen gar keine andere Möglichkeit mehr als die Fairness. Alle Zellen hatten ihre Aufgabe und alle Zellen mussten irgendwie versorgt werden, damit der Gesamtorganismus funktionieren kann. Es war ein Gebot der Stunde, dass alle Zellen fair behandelt und mit dem versorgt wurden, was sie benötigten.

Wie man also sieht, ist die Fairness in unsere Körper eingeschrieben. Würden unsere Zellen nicht fair miteinander kooperieren, kooperieren müssen, es gäbe uns schlichtweg nicht. Wir würden nicht funktionieren. Was nützt es, eine funktionsfähige Hand zu haben, aber kein Herz, das schlägt? Was nützt es Augen zu haben, wenn die Nervenleitungen ins Gehirn aufgrund von Unterversorgung verdorrt sind?

Wenn wir also annehmen können, dass Fairness zu unseren Basisparametern gehört, dann sieht ein Altruismus, der sich aus dem Gebot der Fairness entwickelt, anders aus, als ein Altruismus, der ein langfristiger Egoismus ist. Und genau dann ist auch diese Geschichte kein Problem mehr. Der Mann opfert sich aus einem Altruismus heraus, der auf Fairness beruht und den Fokus auf die Arterhaltung und nicht auf das Einzelwesen hat.

Genaugenommen bräuchte die Menschheit mehr von diesem fairen Altruismus, wenn sie wirklich die nächsten tausend Jahre überleben und weiter dominant bleiben will. Wobei unsere Dominanz das eigentliche Problem ist, warum die nächsten tausend Jahre schwierig werden könnten. Aber lassen wir das.

Ich habe also ausgeführt, dass der Egoismus in Einzellern und die Fairness in Zellverbänden begründet sein könnten. Aber warum soll es arterhaltende und selbsterhaltende Überlebensstrategien geben?

Könnte es nicht genau aus dem gleichen Grunde sein? Das wir beides sind? Einzelwesen, die auch kooperative Zellverbände sind? Und die Überlebensstrategien sind je nach Ausgangslage unterschiedlich. Ein Einzelwesen hat andere Handlungsoptionen als ein Zellverband. Wir merken das, wenn unser Körper krank ist. Dann ist der Zellverband betroffen. Dann geht es im weitesten Sinne um Arterhaltung für unseren einzelnen Zellen. Die Strategie ist eine andere. Wie würden nicht darauf kommen, irgendeinem Teil unseres Körpers etwas zu entziehen, wie wir es als Einzelwesen machen würden, wenn wir aus Hunger jemandem anderen das Essen stehlen würden.

Wie haben also dadurch, dass wir Zellverbände sind, schon die Arterhaltung mit im Gepäck. Wir kennen sie. Wir betreiben sie für unseren Körper. Täglich, wenn wir essen, trinken, Sport treiben, schlafen usw. tun wir etwas für die „Arterhaltung“ unserer einzelnen Zellen, die zusammengenommen dann uns als Einzelwesen ergeben.

Von der eigenen „Arterhaltung“ auf die Arterhaltung der Gattung zu schliessen ist jetzt kein grosser Schritt mehr. Ganz im Gegenteil, dieser Schritt wird schon fast zwangsläufig, wenn man sich bewusst macht, dass der Mensch ständig nach Kausalitäten sucht und ständig Analogien bildet, um die Welt um sich herum zu verstehen. Und ob es dafür ein Bewusstsein braucht, steht noch auf einem ganz anderen Blatt.

Aber es gibt auch noch einen weiteren Grund, zwischen Arterhaltung und Selbsterhaltung zu unterscheiden. Die Reproduktion. Persönlich ziehen wir in den wenigsten Fällen (auch wenn wir es uns gern einreden) einen tatsächlichen Nutzen aus der Reproduktion (wenn man die meisten Männchen bei Spinnen und Gottesanbeterinnen fragen würde, wäre die Antwort bestimmt radikal). Sie dient nicht dem Einzelwesen, sie dient der Art. Genauso wie Fairness nicht dem Einzelwesen dient, sondern der Art, der Gattung, dem Verband.

Und wie soll das jetzt Philosophen und Biologen versöhnen?

Naja, die Philosophen bekommen ihren Altruismus, der nicht auf Egoismus basiert und die Biologen bekommen eine Erklärung, wie sich Fairness biologisch entwickeln konnte. Ist das etwa nichts?

Und die Kultur? Naja, was soll schon damit sein? Sie ist ein künstliches Lebensumfeld, dass neue Bedingungen und Regeln schafft und somit den Faktoren Egoismus und Fairness einiges abverlangt, wie auch zu einigen Entwicklungen führt, die nicht mehr mit herkömmlichen biologischen Strategien bewältigt werden können. Es werden neue biologische Strategien entwickelt und auch in Gene gegossen, die der Umwelt angepasst sind. Und wenn die Biologen neben dem Egoismus auch die Fairness als Faktor berücksichtigen, dürften sich die meisten zweifelhaften Fälle sowieso in Wohlgefallen auflösen.

Ach nein, ich seh euch schon wieder streiten? Vielleicht sollte ich noch ein paar Schaufeln in den Sandkasten tun …

Ein Gedanke zu „Der unnötige Zwist zwischen Biologie und Philosophie“

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