Deutschland – Schicksalswahl?

Bald ist Wahl in Deutschland.

Wenn ich mir das so anschaue, dann kann man vielleicht Spinat essen bis zum Erbrechen und dann seine Abfallprodukte betrachten oder grün wählen. Das gleiche gilt für Hämorrhoiden und die Linke.

Über SPD, CDU, CSU und FDP braucht man nicht reden, man bediene sich der Geschichtsbücher, wenn man wissen will, was einen dann erwartet. Was bleibt also?

So ein Satire-Produkt wie Die Partei? Ist das nicht traurig? Sollte Demokratie nicht irgendwie lebendiger sein? Sind wir zu digitalen Zombies verkümmert?

Kleine völlig unvollständige Liste der Verfehlungen:

  • Angela Merkel, CDU, Grundgesetzänderungen und Verhandlungen mit Banken hinter verschlossener Tür, Krieg mit anderen Staaten führen, demokratische Inkompetenz: Wie war das z.B. mit Fukushima und oh oh auf einmal dann ganz schnell mal Schulden bei den Steuerzahlern machen? War ja klar, dass die Konzerne klagen? So ne Steilvorlage, kein Parlament, einfach Order de Mufti …
  • Martin Schulz, SPD, EU, TTIP HartzIV & Co war er auch fleissig dabei
  • Bodo Ramelow, Linke, BRD, Autobahnverkauf und Grundgesetzänderungen zur Privatisierung – wenn’s drauf ankommt, versagen sie genauso gut wie alle anderen.
  • Helmut Kohl, CDU, Wiedervereinigung, Renten
  • Gerhard Schröder, SPD, völkerrechtswidriger Kosovokrieg, HartzIV, Riesterrente & Co.
  • Joschka Fischer und die Grünen, für jeden Krieg bereit, aber sonst nur Blödsinn im Kopp. Der Bundesrat, die Grundgesetzänderungen und die Autobahn sind nicht vergessen
  • FDP? Genschman wäre vielleicht noch halb-positiv zu erwähnen, ansonsten, Privatisierung, Privatisierung, die Wirtschaft und die Selbstregulierung wird es schon erledigen. Und hab jetzt nicht mehr die Lust zum Suchen nach Links. Vielleicht später.

Das Viech

Projekt CERBERUS, NSA Wiesbaden

Er umhegte das Viech, wie er es nannte, jetzt schon seit über drei Jahren. Und immer noch hatte es nicht mehr Verstand als eine Ratte, vielleicht noch nicht mal den Verstand einer Kakerlake. Wollte man dem Viech etwas Neues beibringen, dann verlernte es das, was es bereits gelernt hatte. Es war zum Mäuse melken.

John starrte auf das kleine Fenster hinter seinem Bildschirm und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel. Eine unbewusste Geste, die das Mass seiner Nervosität ausdrückte. Sein Chef, ein alter Choleriker, wie er im Buche stand, machte ihm schon seit Tagen die Hölle heiss. Vielleicht waren es auch schon Wochen. Es wird jetzt endlich Zeit das CERBERUS das leistet, was versprochen wurde!

Kein Wort davon, dass John nie etwas versprochen hatte. Jedes ›Vielleicht‹, jedes ›… mit ein bisschen Glück könnte …‹ wurde selbstredend von seinem Chef in ein ›Wir schaffen das!‹ umgewandelt.

Central Emerging Recognition Boundary Engine for Realtime User Surveillance, welche monströses Akronym, dass sich da irgendwelche Sesselfurzer wieder ausgedacht hatten. John stellte sich gern vor, wie ganze Abteilungen verzweifelt nach Wörtern gesucht hatten, um CERBERUS noch eine tiefere Bedeutung zu geben. Wobei man das Wort tief am besten mit Niveau in Verbindung brachte um die richtige Vorstellung der intellektuellen Leistung dahinter zu erfassen.

Genaugenommen war er selbst auch nur einer dieser Sesselfurzer. Allerdings beschäftigte er sich nicht mit Akronymen. Er beschäftigte sich mit dem Viech, wie er die KI nannte, mit der künstlichen Intelligenz, die für den Namen CERBERUS stand.

Und was für Wunder dieses Viech alles vollbringen sollte, wenn es nach den höheren Etagen ging. Natürlich wollten sie eine simultane Echtzeitüberwachung aller Nutzer. Und es sollte so ein Minority Report Ding sein. Was auch sonst? Und selbstredend waren sie nicht Teil der Menge, die überwacht werden sollte. Nebenbei, als ob diese Forderung eine Kleinigkeit wäre, sollte das Viech auch noch eine intelligente Firewall sein, die Angreifer und Eindringlinge aufhält, identifiziert, verfolgt und digital zur Strecke bringt. Um die Whistleblower sollte sich das Viech auch noch kümmern. Verhindern, dass keine Information nach draussen dringt, die nicht dafür vorgesehen ist.

Doch worauf sie besonders stolz waren, war ihre geniale Eingebung, dass man sich mit CERBERUS gleich die ganzen Systemadministratoren sparen könnte. Das wird doch sicher kein Problem sein, hiess es augenzwinkernd, wenn CERBERUS all die anderen Sachen kann, dann ist das doch automatisch dabei. John konnte damals nur nicken und schlucken, wobei er sich dachte, aber sicher, wenn ich mir nen Apfel kaufe ist immer auch ne Birne automatisch dabei. Eine die mit den Augen zwinkert.

Womit sie trotzdem nicht ganz Unrecht hatten. Sollte das Viech wirklich all diese Wunder vollbringen, dann wäre die Administration wahrscheinlich nur noch ein kleineres Wunder, wenn überhaupt. Leider sah die Realität immer noch anders aus. Kaum hatte das Viech gelernt, Sarkasmus zu erkennen, verlor es schon wieder seine Fähigkeit, als Firewall zu agieren. Oder es verwechselte Zynismus mit Ernst.

Zum Glück waren Menschen gegen Missverständnisse immun, meldete die Ironie-Fraktion in seinem Kopf. Man füge dem System einfach nur solange neue Fehler hinzu, bis sich aus den Fehlern etwas Sinnvolles ergibt. Voilá, das Wunder des Lebens. Seltsamerweise bildete sich in seinem Geist das Bild einer zwinkernden Birne.

Was halfen da die neuesten Techniken und Erkenntnisse? Dabei hatte man sich so gut es ging am menschlichen Vorbild orientiert. Hochvernetzt. Bereiche, bei denen die Lernfunktion abgeschaltet werden konnte. Getreu dem Motto ›Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr!‹. Doch im Gegensatz zum imaginären Hans konnten sie das Lernen wieder einschalten und nochmal anfangen. Es hätte funktionieren müssen!

Doch das Viech war immer noch so dumm wie Brot. John war sich nicht einmal sicher, ob er sich eine Änderung dieses Zustands wünschen sollte. Er fragte sich ernsthaft, ob sie das Viech nicht besser Pandora genannt hätten.

Es war zu komplex. Und sollte es je funktionieren, würde es keiner mehr verstehen. Und somit auch keiner mehr kontrollieren können. Es war nicht wirklich das Nadel im Heuhaufen Problem, eher das Problem einige Milliarden Nadeln in noch mehr Heuhaufen dazu zu inspirieren, mit den ihnen verfügbaren Mitteln eine Symphonie zu komponieren.

Monatelang hatte er an der Netzwerktopologie gebastelt, hier ein rekurrentes Feedbacksystem eingeführt, da ein einfaches Feedforward-Netz hinzugefügt und trotzdem hatte nichts davon eine wirklich messbare Verbesserung ergeben. Das Training des Viechs war anstrengend. Wobei anstrengend hier die Krönung des Euphemismus war.

Man stelle sich einen Zoo vor, mit den unterschiedlichsten Tieren. Insekten, Fische, Vögel, Tiger, Elefanten und was da noch alles gibt. Und nun hat man da diesen magischen Taktstock in der Hand. Zumindest hofft man, dass er magisch ist. Alle Tiere werden gleichzeitig freigelassen. Nun ja, nicht alle. Wenn man Fische einfach so freilassen würde, ohne geeignete Massnahmen, würden die meisten wohl japsend sterben. Und dann steht man da, während der Tiger über das Gnu herfällt, der Löwe einen schon anschaut, als ob man ein Leckerbissen wäre, in dem Moment in dem man zur Seite springt, um dem Elefanten auszuweichen, nur um sich in einem riesigen Termitennest wiederzufinden, das eifersüchtig von einem Ameisenbär verteidigt wird. Genau jetzt sollte der magische Taktstock alles in eine Symphonie verwandeln.

Sollte.

Stattdessen versucht man sich in dem Zauberkunststück, die jeweiligen Tiergattung auf sich aufmerksam zu machen, sich als vermeintliches Opfer solange hetzen zu lassen, bis sie in ihrem Eifer nicht mehr merken, dass man sie zurück in den Käfig geführt hat. Und dann den Käfig wieder sorgfältig zu verschliessen. Natürlich entkommt ab und zu etwas.

John war also ein Kindergärtner, wenn man es genau nahm. Ein Kindergärtner, mit den Fähigkeiten eines Indiana Jones, der eine mässig begabte künstliche Intelligenz betreute und verzweifelt darauf hoffte, dass endlich ein Wunder geschah, während er an den Parametern für den magischen Taktstock schraubte.

Das tägliche Highlight von Johns Feierabendblues war jedoch immer die Frage, was in aller Welt er angestellt hatte, um dies zu verdienen? Es gab soviele interessante Orte in der Welt, die er gern gesehen hätte. Die Ruinen von Paris zum Beispiel. An Moskau war nicht zu denken, auch wenn er diese Stadt gern gesehen hätte. Doch es blieben noch Indien und China, Staaten die gerade unglaubliche Entwicklungen durchmachten. Mit noch unglaublicheren Städten.

Und wo war er? Er war in diesem langweiligen Europa gelandet. Ein Europa in dem die Küsten immer weiter ins Landesinnere verschoben wurden. Ein Europa das technisch und politisch tot war, Rohstoffe gab es ja schon lange nicht mehr. Als ob das nicht schon schlimm genug war, befand er sich ausgerechnet noch im langweiligsten Land Europas überhaupt: Deutschland.

Nun, selbst in Deutschland gab es für Amerikaner noch einige erträgliche Orte. Berlin oder Köln zum Beispiel. Hamburg stand bereits unter Wasser. Aber nein, weit gefehlt. Stattdessen hatten sie ihn nach Wiesbaden geschickt. Wiesbaden! Holy shit, man! Konnte es wirklich noch schlimmer kommen?

Klar, hier war man nicht in der ›direkten‹ Reichweite offizieller amerikanischer Behörden. Und es gab hier diverse strategische Stützpunkte in denen man all die Sachen testen und entwickeln konnte, die anderswo politisch ›fragwürdig‹ gewesen wären.

Aber Deutschland? Wen interessierte Deutschland? Es war schliesslich nur ein weiterer wirtschaftlich uninteressanter Vasallenstaat. Durch ihr Obrigkeitsdenken und ihren vorauseilenden Gehorsam waren die Deutschen viel leichter zu kontrollieren als zum Beispiel Franzosen oder Italiener. Mithin der perfekte Ort, um am Rande der amerikanischen Legalität zu operieren. Aber abgesehen davon?

Ganz selten fragte sich John manchmal, auf welcher Seite des Randes sie eigentlich standen? Aber solche Gedanken waren müssig. Nicht zielführend. Er wollte nicht, dass ihn sein Gesicht verriet. Dann hätte er wieder lange psychologische Gespräche. Wie damals in seiner Anfangszeit bei der NSA.

»Mr. Mitchell?«
»Ja Mam?«
»Ihr Infrarotbild zeigt Stresssymptome, die Messwerte und ihr Gesichtsausdruck sprechen eine beredte Sprache. Haben sie Zweifel?«
»Was meinen sie mit Zweifel?«
»Meinen sie immer noch, dass sie der richtige Mann für diesen Job sind?«
»Ähem, sorry, Mam, aber ich verstehe ihre Frage nicht.«
»Haben sie moralische Bedenken?«
»Welcher Art, Mam?«

Die einzige Möglichkeit aus solchen Verhören heil herauszukommen, war es, sich einfach unendlich dumm zu stellen und dann nicht über seine eigene Klugheit zu stolpern. Es war ein Ausdauerspiel. Man durfte weder aufgeben noch den anderen zur Weissglut treiben. Direkte klare Fragen konnte man mit Ja oder Nein beantworten. Bei allem anderen musste man den Verhörspezialisten, wie sie John bei sich nannte, obwohl Mitarbeiterbetreuer ihr offizieller Name war, in die Enge treiben, während dieser das gleiche Spiel spielte. Klar konnte man seinen Mitarbeiterbetreuer dazu bringen, entnervt aufzugeben. Aber das hiess nur noch mehr Gespräche.

Seit Assange, Snowden und Manning war das Klima zunehmend rauer geworden. Zuviel war in zu kurzer Zeit passiert. Damals, als es noch ohne Folgen blieb. Ausser Exil oder Gefängnis.

Heute wäre jeder enttarnte Spion froh, standrechtlich erschossen zu werden. Dieses Privileg wurde jedoch nur wenigen zugebilligt. John wusste nicht viel darüber und wollte auch nichts darüber wissen. Es reichte ihm schon, dass immer mal wieder wilde Gerüchte die Runde machten, wie das Guantanmo harmlos gewesen sein soll im Vergleich zu den neuen Therapiezentren.

Und jetzt hiess es auch noch, zum hundertsten Mal, man wolle alle Systemadministratoren entlassen. Man hätte jetzt endlich eine Alternative!

Ha! Man hatte Präsentationen. Das hatte man! Und Wünsche. Und Visionen. Natürlich war alles hoch geheim und hinter vorgehaltener Hand. Das typische ›Das ist extrem geheim. Ich sag es dir nur, weil ich dir vertraue. Du weisst ja, kein Wort zu Niemandem!‹. Die beste Garantie um sicherzustellen, dass es aber auch jeder weiss. Sein Chef hatte seinen Vorgesetzten die Erfolge in grossen Lettern verkündet. Nur ein paar, wie zufällig wirkende, Randnotizen wiesen auf mögliche Probleme und den Hauch von Misserfolgen hin. Die Technik des Kleingedruckten perfektioniert mit PowerPoint.

Wie immer und überall war keiner interessiert an Problemen, Einschränkungen oder Randnotizen. Es ging um das ›grosse Ganze‹, das Ziel! Und das man ja schon fast produktionsreif sei! Das unter definierten Laborbedingungen getestet wurde, ignorierte man nur zu gern. Und das noch kein Test ausserhalb des Labors erfolgreich war, wollten die meisten erst gar nicht zur Kenntnis nehmen.

»Dann verbessern sie einfach noch ein bisschen die Laborbedingungen, junger Mann. Sie schaffen das schon. Wir sind ja so stolz auf sie …«

In welcher Pippi Langstrumpf Welt diese Menschen auch immer lebten, John hatte immer sehr viel Mühe zu verhindern, dass das Viech das Netz irreparabel beschädigte. Von den Aufräumarbeiten ganz zu schweigen. Mehrere Personen wurden verhaftet oder von Drohnen zur Strecke gebracht, für die John nichts mehr tun konnte. Ausser die Spuren zur NSA zu beseitigen. Er konnte ja schlecht zur nächsten Polizeidienststelle rennen und sagen, sorry, wir hatten einen leicht missglückten Testlauf mit CERBERUS und der hat wohl einige Aktivitäten falsch interpretiert.

Was sollte er mit diesem Sprachkrüppel, dessen voraussagbarste Aussage »Wiederhole das bitte, ich habe es nicht verstanden!« war, nur anfangen? Schliesslich war diese Reaktion, wie auch andere Basisparameter, ›hartverdrahtet‹. So wie eine Stammhirnfunktion, sehr tief eingebettet in die Reaktionsmuster und somit vorhersehbar.

Für John war klar, dass das nur klappen könnte, wenn man der künstlichen Intelligenz auch die notwendige Entwicklungszeit zubilligte. Die Grösse des Gehirns? In seinen Augen ein überschätztes Mass. Selbst Vögel mit ihren kleinen Gehirnen waren zu erstaunlichen Leistungen fähig.

Und hier hatten sie einen Computer, der auf neuronalen Zellkulturen basierte. Einen Computer, der immerhin fast ein Drittel der menschlichen Neuronen hatte. Vier Milliarden Neuronen!

Ein Mensch hatte ungefähr vierzehn Milliarden Neuronen. Allerdings waren das nur die Neuronen im Gehirn. Die meisten vergassen, dass ein Mensch insgesamt über hundert Milliarden Neuronen hatten. Die in seinem Körper verteilt waren. Insofern war das mit dem Drittel eine masslose Übertreibung. Tatsächlich hatten sie gerade mal vier Prozent der Neuronen, über die ein Mensch verfügte. Wie jemand auf den Gedanken kommen konnte, dass dies ausreichen müsste um ein Supergehirn zu erzeugen, dass den Menschen um ein Vielfaches übertrifft, konnte sich John nicht annähernd vorstellen. Aber wenn sich das ein Idiot vorstellen konnte, dann war es vielleicht sogar möglich.

Fakten? Noch nie hatten Fakten Menschen nachweisbar in ihren Handlungen beeinflusst.

Zum Teufel auch, sollte das Viech doch allein trainieren. Was brachte es schon, wenn er die Korrelation zwischen Input und Output überwachte, um zum 62489ten Mal festzustellen, dass es einfach nicht besser wurde? Und die ganzen audiovisuellen Kontakte zum Viech, die sich knapp über dem Niveau einer Babysprache befanden.

»Da? Terrorist?«
»Ahhist?«
»Nein! Terrorist? Da? Möglich?«
»Nerralich?«
»Nein, nein, nein! Diese Bild, dieser Beitrag, Terrorist? Möglich?«
»Wiederhole das bitte, ich habe es nicht verstanden! …«

Er würde heute mal etwas Neues probieren. Und das Gute daran war, er müsste gar nicht dabei sein. Er würde CERBERUS heute ins Land der Träume schicken. Keine Trainingseinheit. Sondern eine willkürliche Anregung der Neuronen. Ein Gehirngewitter. Oder ein Traum. Wer wusste das schon?

John startete ElectronicSheeps, wie er die Routine nannte und machte sich zum Gehen bereit. Das hiess alle offenen Unterlagen sicher verschliessen. Clean Desk Policy, wie es sich nannte. Und es hiess, sich ordnungsgemäss aus allen Systemen auszuloggen. Ein bürokratischer Popanz, der aus Johns Sicht mehr Zeit kostete, als er einbrachte. Selbst die Putzfrauen waren handverlesen und wurden die ganze Zeit überwacht.

Dazu kam jetzt noch das neu aufgeblühte und perfide System des Anschwärzens. Jedes Verhalten, das von jemanden auch nur ansatzweise als verdächtig wahrgenommen wurde, war zwingend zu melden. Selbst wenn man sah, dass jemand seinen Schreibtisch nicht wie vorgeschrieben verlassen hatte.

Ein perfekter KZ-Zoo dachte John, die Gefangenen überwachen sich gegenseitig. Ganz grosses Kino! Obwohl, genaugenommen führte es eher dazu, dass viele die Köpfe unten behielten. Was man nicht sah, konnte man auch nicht melden. Während nur einige wenige sich in ihrem neuen Status als selbsternannter Blockwart sonnten. Wie dieser dämliche Kipling, der immer mit Argusaugen umherlief.

Als ob die ganzen Bugs nicht reichten? Die Stäubchen, die ständig durch die Gegend schwirrten und alles aufzeichneten. Und da lag die Crux! Schon in den frühen Anfängen der NSA war die Datenmenge das entscheidende Problem. Die Daten zu bekommen? Nichts einfacher als das. Die meisten gaben ihre Daten freiwillig her. Für die Chance irgendwo mit dabei zu sein. Für die Hoffnung auf einen Lotteriegewinn. Oder für irgendwelche Spiele nach dem Motto Was bedeutet dein Name oder Wer ist dein bester Freund. Wobei die sogenannten Freunde oder Follower unfreiwillig gleich mit ihre Daten spendeten.

Beim Verlassen des Gebäudes dachte John über die Gefangenen in KZ‘s nach, während er seinen Zinken rieb. War er wirklich damit zu vergleichen? Empfand er sich wirklich als Gefangener?

Nein, die stetigen Verschärfungen der Massnahmen waren unangenehm, aber was sollte einem schon passieren, wenn man nichts zu verbergen hatte? Und wenn jemand für Freiheit stand? So wie er. Und wie sein Land. Die Vereinigten Staaten von Amerika!

Letzthin hatte doch glatt ein alter Mann zu ihm gesagt, Deutschland wäre postfaschistisch, Amerika dagegen präfaschistisch. Was wusste dieser Idiot denn schon? Es war ja schon unklar, ob Faschismus und Nationalsozialismus ein und dasselbe waren, auch wenn es seit 1920 als Synonym verwendet wurde. Als ob die Deutschen je den Nationalsozialismus überwunden hätten? Dabei hatten sie kaum Zeit gebraucht um nach dem Mauerfall Deutschland in eine zweite DDR zu verwandeln. Wahrscheinlich war das so eine alte preussische Sehnsucht. Bürokratie und Kontrolle, sonst fühlt sich der Deutsche nicht wohl.

Nein, es hatte in den Staaten nie ein faschistisches oder nationalsozialistisches Regime wie Hitler gegeben. Und es würde keins geben! Das war undenkbar. Wo doch jeder eine Waffe trug! Amerika war eine wehrhafte Demokratie. Die auf ihren Schultern die Last eines Imperiums trug. Und selbst Trump überlebt hatte.

Was wollten diese Möchtegern-Grossmanns aus Deutschland ihnen eigentlich sagen? Die hatten doch noch nie auch nur annähernd ein Imperium gehabt. Nie gewusst und gespürt wie viel Verantwortung man mit einer entsprechenden Grösse trug. Immer nur am Rand mitgespielt. Und von ihrem grossdeutschen Reich geträumt. So what?

Egal. Raus hier. Und dann ein Bier und ein Burger. Am besten bei einem von den Mexikanern in Wiesbadens gesicherten Bezirken. Da fühlte er sich noch am wohlsten. In Texas war er mit diesem ganzen Tex-Mex-Food aufgewachsen. Und dort hing es ihm irgendwann regelrecht zum Halse raus.

Aber hier? Hier konnte er nicht genug davon kriegen. Und er konnte wenigstens einen normalen Pitcher bestellen. Er musste sich nicht mit diesem seltsamen metrischen Mass herumschlagen.

Er würde mit Sicherheit einen total entspannten Abend haben …

Kapitel 2 – John!

Regression – Vorwort

Regression (von lat. regredior, zurückschreiten) beschreibt ein Zurückkehren zu einer vorherigen Form, eine Rückentwicklung.

Dieses Buch ist meiner Familie gewidmet.

Sind wir nicht alle eine Familie?

2031, in ganz Europa breiten sich Notstandszonen aus. Eine andere Beschreibung für Gebiete die ausserhalb jeder staatlichen Kontrolle stehen. Sie dienen als Ressourcen für billigste Arbeitskräfte ohne Rechte.

Die Notstandszonen und Grenzen werden mit Hilfe von Bugs, wie sie genannt werden, Drohnen unterschiedlicher Grösse und Fähigkeiten, verwaltet und ausgepresst um die Versorgung der gesicherten Zonen mit Rohstoffen und Nahrung zu garantieren.

Eine Todeszone soll unerwünschte Einwanderer und Asylanten daran hindern, die gesicherten Zonen zu erreichen. Viele Stadtgebiete, sowie Industrie und Energie sind unter militärischer Kontrolle. Die politische Überwachung, wie auch die Grenzkontrolle, obliegt den amerikanischen und europäischen Geheimdiensten.

Staatliche Strukturen und Gesetze sind auch in den gesicherten Zonen auf dem Rückzug. An ihrer Stelle breiten sich mafiöse Strukturen aus. Die Notstandszonen sind teilweise in der Hand verschiedener Milizen, von denen viele Kindermilizen sind. Ein kaum noch vorhandener Widerstand in den gesicherten Zonen versucht verzweifelt zu überleben.

Handlungsort ist Wiesbaden und das Taunusgebirge. Ein NSA-Programmierer, der an einer künstlichen Intelligenz arbeitet (CERBERUS) wird entführt und erlebt eine unvorhergesehene Odyssee. Währenddessen macht sich die von ihm erschaffene künstliche Intelligenz selbstständig. Zusammen mit einem kindlichen Cyborg sorgt sie für mehr als nur Verwirrung.

Die in diesem Buch verwendeten Adressen und Orte entsprechen des Öfteren realen Adressen und Orten. Alle Figuren dieses Romans sind jedoch rein fiktional, auch wenn ihnen reale Orte und Adressen zugewiesen wurden.

Etwaige Übereinstimmungen mit der Realität sind rein zufällig und nur für die Geschichte relevant. Historische Ereignisse und existierende Organisationen, die in der Geschichte eingebettet sind, sind rein subjektive Wahrnehmungen der involvierten Personen im Rahmen der Geschichte. Sie stellen keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, Objektivität oder gar Korrektheit dar, abgesehen davon, dass erwähnte Ereignisse vor 2017 möglicherweise stattgefunden und die Organisationen möglicherweise existiert haben.

Diese Geschichte ist mein Geschenk an dich, werter Leser.

Kapitel 1 – Das Viech

Hate speech, der gläserne Mensch und das Problem mit der Technik

Immer wieder gibt es grosse Aufregungen über irgendwelche Entgleisungen in Social Media, seien sie von Politkern oder Bürgern. Man bemüht neue Begriffe wie Hate speech, Fake News, Alternative Fakten, Postfaktisch und was es da nicht noch alles gibt. Und vor allem: Man tut doch tatsächlich so, als wäre dies alles Neu!

Nun ich kenne diverse Gegenden in Deutschland, die auch zu einer Zeit bereist habe, als der Internet gerade aus den Kinderschuhen kam und komische piepsende Modems quälend langsame Verbindungen aufgebaut hatten. Da ist man sich überlicherweise in Kneipen oder auf Festen begegnet. Der einzige Ort, wo man solche danebengegangenen Sprüche wie man sie überall auf Social Media findet, nicht hören konnte, war die Tanzfläche der jeweiligen Disco, wenn die Musik laut genug war.

Begab man sich dagegen in Dorfkneipen in Bayern oder im Sauerland, dann war hier einiges zu hören, dass heute noch nicht den Weg in die Medien gefunden hat. Aufhängen, vergasen, kastrieren waren übliche Begriffe mit denen Langhaarige oder Hippies seinerzeit belegt wurden. Und gegen das, was mir schon ins Gesicht geschleudert wurde, nimmt sich die aktuelle Hate speech ja noch fast harmlos aus.

Und Fake News, also seit ich mich erinnern kann, war BILD dafür hauptverantwortlich und wurde auch immer wieder kritisiert. Fassbinder, Wallraff, wenn sich noch einige erinnern mögen.

Was ich also sagen will: Wir erleben hier nichts Neues. Ganz im Gegenteil. Die Technik macht nur langsam all die dunklen Winkel sichtbar, in denen diese Eigenschaften und Verhaltensweisen schon immer existierten.

Und das erschreckt uns. Vorher konnte man es noch relativieren. Ja das ist halt der Stammtisch. Die sind dann doch eh besoffen. Darf man nicht so ernst nehmen. Die müssen sich halt auch mal Luft machen. Das sind doch nur ein paar Wenige …

Und auf einmal erkennt man, oha, das gibt es ja überall. Und man kann es noch nicht mal leugnen. Es ist da. Quer durch die Gesellschaftsschichten. Das was nicht sein darf. Zumindest nicht offiziell. Und so erfindet man neue Wörter um seine Ohnmacht zu kaschieren, dass die neue Technik einen gläsernen Mensch im Spiegel zeigt, den man so gar nicht gern anschauen mag.

Colorful Windows

When you look at those devices
Colorful windows you can see
All those promises for you now
Colorful windows on your knee
Virtual is your reality
Colorful windows that you see

What do you think by the pictures you see now
What do you think, do you think it is real

Do you think your Facebook friend
Will come to rescue you?
Do you think your Followers
Really follow you?
Do you think the world takes notice
About the things you do?
Do you think that living’s worth
To waste it just like you?
This is not a real world
And sure this is no game
This is not a real world
And in the end it’s you to blame

When you look at those devices
Colorful windows you can see
All those promises for you now
Colorful windows on your knee
Virtual is your reality
Colorful windows that you see

What do you think by the pictures you see now
What do you think, do you think it is real

Do you think your Youtube channel
is a real hit?
Do you think on Instagram
you’re more than just a bit?
Do you think the world takes notice
About the things you do?
Do you think that living’s worth
To waste it just like you?
This is not a real world
And sure this is no game
This is not a real world
And in the end it’s you to blame

When you look at those devices
Colorful windows you can see
Virtual is your reality
Colorful windows that you see :||
Tell me, is it more real?
Tell me, is it more than me? :||
Virtual is your reality
Colorful windows

Trash & The Can + Rado Music

Instruments: Rado Music
Vocals: Michael Lindenau aka A.d.i

Music by Rado Music @rado-77
Lyrics by Michael Lindenau
Photos by Sonja Lippuner

Dreaming

Oh, dreaming
So eyes slightly closed
Oh, strange mood, overdosed

Nightmares I disallow so I’m
Dreaming away now
Dreaming away now
Dreaming away now

Oh, soft rain
Oh, soft rain
Oh, soft rain

In dreams I know that I can fly
Walk alone, enjoy the rain

Oh, soft rain is coming down
while I’m walking on dream ground
Walk alone, enjoy the rain
Wash away the inner pain

Oh, soft rain is coming down
while I’m walking on dream ground
on dream ground

Dreaming, dreaming …

Oh, walk alone, enjoy the rain
Wash away, wash away …

Trash & The Can
Singer/Lyrics: Michael Lindenau aka A.d.i
Music: DroxyPro @droxy_pro
Photo: Sonja Lippuner

Demokratie neu erfinden: Hä, warum hat die abgewirtschaftet?

Am Anfang meiner Präambeln präsentiere ich eine Behauptung, die natürlich irgendwie belegt werden muss.

Im wesentlichen beziehe mich auf die Entwicklung in Deutschland, um diese Behauptung zu belegen. Dabei wähle ich den sehr wohl konservativen Ansatz vom ursprünglichen Grundgesetz und den ursprünglichen Intentionen (als allen noch die Schrecken des Krieges bewusst waren) auszugehen. Als langgedienter Informatiker fährt man sowieso einen konservativen Ansatz: Never touch a running system! Problem ist nur, unsere Demokratie läuft nicht mehr so, wie von ihren Gründungsvätern gedacht war. Wobei andere hier gegenteiliger Meinung sein dürften, nur behalte ich mir vor, dies dann nicht mehr Demokratie zu nennen (auch wenn die alten Griechen hier aufstöhnen und sagen „Wie ? Ohne unsere Sklaven?“).

Es geht um die parlamentarische Demokratie. Ein Glaube unserer Gründungsväter war wohl, wenn ich es richtig interpretiere, dass man eine parlamentarische Demokratie durch Gewaltenteilung und Kontrollorgane im Zaum halten kann. Wobei ihnen sicherlich noch sehr klar war, was Macht, Populismus und Gesetze alles anstellen können. Wir erinnern uns, die Vernichtung der Juden unter Hitler erfolgte nach geltendem Recht und Gesetz.

Eines der Opfer unseres ehemaligen Grundgesetzes war die populistisch behauptete Friedfertigkeit. Nie wieder Krieg, hiess es kurz von jenen, die noch wussten, was es bedeutet. Eine eigene Armee war eigentlich nicht vorgesehen. Genug Mütter hatten gerade eben ihre Männer und Söhne geopfert. Selbst Franz Josef Strauss beteuerte in jungen Jahren kurz nach dem Krieg „Jedem möge die Hand abfallen, der noch einmal ein Gewehr in die Hand nimmt“. Aber das war in der Zeit, in der Persilscheine äussert wichtig waren (Gell, Herr Filbinger?). Derselbe Franz Josef Strauss, der dann den Aufbau einer Bundeswehr unterstützte. Derselbe, der sich mit der Starfighter-Affäre eine goldene Nase verdient hat. Und wer hat sie damals gehört, die Rufer, die sagten „Wehret den Anfängen!“?

Nicht vergessen ist auch die Niederschlagung des Generalstreiks 1948. Und das daraufhin folgende Quasi-Verbot von Generalstreiks in der BRD durch einen Gerichtsentscheid von 1955. Ein elementares Recht, dass nur Deutschen nach dem Krieg vorenthalten wurde, ganz im Gegenteil zu Frankreich. Schon in ihren Wurzeln wurde diese deutsche parlamentarische Demokratie also mit einem Defizit ausgestattet.

Fangen wir bei den Wurzeln an. Volksbegehren waren von Anfang an ausgeschlossen. Volksentscheide nur durch Grundgesetzänderung möglich.

Allerdings war schon von Anfang an eine Entsprechung des Widerstandsrechts, dass 1968 im Rahmen der Notstandsgesetze eingeführt wurde, vorgesehen (Punkt 10 in den unbestrittenen Hauptgedanken).

Dann kam die umstrittene Präambel, woraus ich (Originalfassung 1949) ein paar Zeilen zitieren möchte: „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, seine nationale und staatliche Einheit zu wahren und als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen …

Die Frage ist jetzt, ob der Frieden der Welt hier nur ein populistisches Füllwort ist oder ob man gewogen ist, dies ernst zu nehmen. Denn sicherlich kommen hier andere Attribute zuerst. Man möchte eine staatliche Einheit erzielen oder wahren, man möchte gleichberechtigt sein, man möchte gar Europa vereinen. Da nimmt sich der Frieden der Welt doch eher wie Beschwichtigung aus. Dennoch möchte ich, naiv wie ich bin, darauf bestehen, dass auch diese Worte wichtig und gleichberechtigt sind. Schliesslich sollte die Präambel ja dazu dienen, klar zu machen, welches die wichtigsten Punkte dieses Grundgesetzes sind, oder irre ich da?

Doch gehen wir noch etwas tiefer. „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen“ hiess es. Wir könnten nun über Gott diskutieren, aber das überlasse ich gern anderen. Diskutieren wir über Verantwortung vor den Menschen. Wie steht es damit bestellt?

Erfüllt eine Regierung ihre Verantwortung vor den Menschen, die ein Leben lang gearbeitet und geschuftet haben und nun Pfandflaschen sammeln müssen, weil die Rente nicht reicht?

Erfüllt eine Regierung ihre Verantwortung vor den Menschen, wenn Flüchtlinge von Kriegen, an denen wir selbst beteiligt sind, im Mittelmeer abgedrängt und dem Tod durch Ertrinken überlassen werden? Es hiess nicht Volk! Es hiess Menschen!

Um nur zwei Beispiele zu nennen. Aber gehen wir weiter. Wie hiess es noch weiter? „von dem Willen beseelt, seine nationale und staatliche Einheit zu wahren

Wahrt eine Regierung die nationale und staatliche Einheit, wenn sich die Schere zwischen Arm und Reich immer mehr öffnet?

Wahrt eine Regierung die nationale und staatliche Einheit, wenn sie sich an Kriegen beteiligt? Jeder Krieg birgt schliesslich das Risiko der Zerstörung der eigenen nationalen und staatlichen Einheit.

Das „gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa“ würde ich heute nicht erwähnen, wenn ein Grieche im Raum ist.

Aber kommen wir zum Punkt. Warum hat die parlamentarische Demokratie in dieser Form versagt? Selbst wenn wir einfach ignorieren, dass möglicherweise die Wurzeln schon schlecht gelegt waren.

Warum wurde eine Gewaltenteilung eingeführt? Warum waren demokratische Kontrollorgane überhaupt vorgesehen? Würde man sich so etwas ausdenken, wenn man Vertrauen in seine Politiker und Beamten hätte? Oder würde man sich so etwas ausdenken, weil man die Erfahrung gemacht hat, dass man Politikern und Beamten nur bedingt vertrauen kann?

Allein die Tatsache, dass sie eingeführt wurde, spricht Bände. Genauso die Historie der Grundgesetzänderungen. Wir erinnern uns, die Änderung des Grundgesetzes wurde mit einer ziemlich hohen Hürde versehen. Sicher nicht aus dem Grund, weil man gedacht hat, dass Grundgesetz müsste sowieso jeden Tag geändert werden? Womit ich nicht bestreiten will, dass es gute Gründe geben kann, das Grundgesetz zu ändern. Aber so mal eben in kürzester Zeit ohne signifikante nationale und mediale Diskussion DREIZEHN Grundgesetzartikel? Sicher es gab Gesetze zur Grundgesetzänderungen, die auch mehrere Artikel auf einen Schlag geändert haben. Aber diesbezüglich erinnere ich mich noch an lebhafte Diskussionen in den Medien. Aber vielleicht täusche ich mich ja. Wer vertraut schon seinem Gehirn? 😉

Dies ist daher schon ein denkwürdiges Ereignis. Als die Väter des Grundgesetzes diese 3/4 Mehrheit eingebaut hatten, waren sie sich vielleicht sicher, dass es schon schwierig sein würde, auch nur einen Artikel des Grundgesetzes zu ändern. Sie waren sich vielleicht sicher, dass so etwas nicht ohne langwierige öffentliche Diskussion möglich wäre. Sie hätten besser aus der grossen Koalition vor Hitler lernen sollen. Sicher hatten sie nicht gedacht, dass jemand die Länder so finanziell austrocknen würde, dass der Bundesrat ein zahmer zahnloser Tiger ist, der bereitwillig durch den brennenden Reifen springt. Weil er einfach keine Wahl hat.

Die erste Übertragung von Kompetenzen fand schon 1952 statt. Im Lastenausgleich. In den folgenden Jahren wurden immer mehr Kompetenzen auf den Bund übertragen. So z.B. in den Föderalismusreformen I und II. Letztendlich entspricht dies einer Entmachtung des Bundesrats und widerspricht dem Prinzip der Gewaltenteilung. Das mit der Europa-Politik hier noch ein weiteres Element hinzugekommen ist, dass die Länder so gut wie nicht kontrollieren können, während die Länder dadurch kontrolliert werden, ist eher ein Bonmot am Rande.

Schon die aktuelle Situation (grosse Koalition, Mehrheit im Bundestag verbunden mit Parteidisziplin, die nirgendwo im Grundgesetz vorgesehen war) zeigt, dass wir hier ein beträchtliches Gefahrenpotential haben, da der Bundesrat den Bundestag und dessen Gesetze nicht mehr ausbremsen kann, somit seine Kontrollfunktion nicht mehr erfüllen kann.

Dass die Verhandlungen auch noch hinter verschlossenen Türen geführt wurden, ist ein anderer Punkt, der einer parlamentarischen Demokratie nicht würdig ist. Die Änderung des Grundgesetzes UND die dazugehörige DEBATTEN im Bundestag sind zwingend, wenn man noch einen Funken Demokratie im Leib hat. Es kann also konstatiert werden, dass der Bundesrat als Kontrolle des Bundestags seine Funktion nur noch eingeschränkt, wenn überhaupt, ausführen kann.

Schauen wir uns als nächstes Untersuchungsausschüsse an, die ihrem Zweck nach dazu dienen sollen, Aufklärung über Missstände in Verwaltung und Regierung zu erzielen. Ich will mich gar nicht mit der Liste der gescheiterten Untersuchungsausschüsse seit 1949 aufhalten, sei es Starfighter, sei es Barschel oder was auch immer. Jeder möge selbst einen Blick auf die aktuellen Untersuchungsausschüsse zu NSA, NSU und weitere werfen. Wer mir erklären kann, was diese Ausschüsse ans Tageslicht gebracht haben (man hat eher den Eindruck, hier werden Daten vergraben), dem gebe ich gern ein Bier aus.

Und wo der Untersuchungsausschuss damals geblieben ist, als Schröder sich am völkerrechtswidrigen Krieg im Kosovo beteiligt hat, frage ich mich immer noch? Es scheint also mehr als wahrscheinlich, dass die Erfolgschancen eines Untersuchungsausschusses zu gering sind um tatsächlich die vorgesehene Kontrollfunktion auszuüben.

Bezüglich der Judikative und Exekutive ist zu konstatieren, dass seinerzeit, als Schröder, wie er später selbst freimütig zugab, sich an einem völkerrechtswidrigen Krieg beteiligte, mehrere tausend Menschen Anzeige erstatteten. Alle erhielten ein Standardschreiben, dass mehr oder weniger besagte, es gäbe keinen Grund zur Besorgnis und alles wäre Rechtens. Kann man also schon in diesem Falle, 1998, wirklich noch von einer funktionierenden Judikative und Exekutive ausgehen? Hätte es hier nicht Ermittlungen und Untersuchungsausschüsse geben müssen? Gleiches Spiel bei Merkel und Syrien. Weil Frankreich durch ein Bombenattentat in Paris Syrien verantwortlich macht, ist Deutschland gezwungen, bei Syrien ein bisschen mitzumischen? Was für eine Logik ist das denn?

Das Versagen von Judikative und Exekutive wird ebenso über die Untersuchungsausschüsse klar. Das hier keine Transparenz möglich ist, ist ein Fakt, der eigentlich so nicht vorgesehen war.

Ohne also überhaupt in die Diskussion einzusteigen, wie und ob den Artikeln des Grundgesetzes wirklich genüge getan wird, kann man schon feststellen, dass die Pfeiler dieser Demokratie an verschiedenen Stellen von Fäulnis befallen sind und ihre Funktion nur noch eingeschränkt, wenn überhaupt wahrnehmen können.

Das sich ein Ecclestone von einem bayrischen Gericht freikaufen konnte sei hier nur zur Belustigung erwähnt. Viel heftiger war da aus meiner Sicht der Fall Mollath.

Nun bitte, erkläre mir einer, warum die parlamentarische Demokratie in dieser Form, die all dies geschaffen hat, geeignet dazu wäre, diese Missstände auch wieder zu beseitigen?

Das Modell dieser Demokratie konnte somit, wie ich finde, in relativ kurzer Zeit (menschheitsgeschichtlich gesehen) von Interessensgruppen ausgehebelt werden. Und dazu haben sie weniger als hundert Jahre gebraucht. Das ist verdammt schnell. Daher meine ich, dass dieses Modell abgewirtschaftet hat. Es ist zu schnell zu übernehmen und man verliert zu leicht die Kontrolle. Vielleicht auch noch ein Argument am Rande, das die steigende Unzufriedenheit der Bürger mit der Politik vielleicht ein kleines bisschen damit zusammenhängt, dass der Bürger meint, keinen relevanten Einfluss mehr zu haben.

Ich freue mich besonders über gegenteilige Meinungen.

 

 

Get Up And Win

See you sit there, not been able, clean your room now
Not to fit where, other fit there, yes they do it, don’t you
think it’s time to get up

Get up and win – so they told me every day
Get up and win – some despair ’n some will pray

Get up and win – it’s repeated day by day

Hey what’s going? Are you lazy? Said my wife
and drives me crazy

What to do I ask, if everyone
has another task, to be done

How can I be sure, if everyone
knowing better what, has to be done

Everyone just knows what I now should do
Everyone is sure, it’s the best, the best for you

Hey come one now don’t be like that, don’t you
think that you can change it just a little bit

So please don’t mind, if I’m not taking care
and I’m not that blind, I know I bring my share

What you are and what you’re not
What they think now that you have got
doesn’t matter no never

What you do and what you leave
What they want you to believe
doesn’t matter no never

Hey what’s going? Are you lazy? Said my wife
and drives me crazy

Get up and win – so they told me every day
Get up and win – some despair ’n some will pray

You can try as hard you can now, but never it’s enough
You can be a superstar now, but winning still keeps tough

See you sit there, not been able, clean your room now
Not to fit where, other fit there, yes they do it, don’t you
think it’s time to get up now

Trash & The Can + Rado Music

Instruments: Rado Music
Vocals: Michael Lindenau aka A.d.i

Music by Rado Music @rado-77
Lyrics by Michael Lindenau
Photo by Sonja Lippuner

Demokratie neu erfinden: Dienstpflicht

Um Demokratie unanfällig für Krisen zu machen, muss man sie einfach nur beweglicher gestalten, ein Trick, den Fische und Vögel schon länger beherrschen. Mancher mag sich vielleicht an die Muster der Stare über Rom erinnern, wenn sie sich dort sammeln.

Ein solides Muster, ein solider Stein bietet automatisch genug Angriffsfläche. Ein bewegliches Ziel aus vielen kleinen Einheiten ist dagegen sehr schwer zu fassen. Um diese Beweglichkeit zu erzeugen, könnte es hilfreich oder sinnvoll sein, die Besetzung der jeweiligen Parlamente nicht nur dem Roulettespiel der Wahl anzuvertrauen, sondern hier einen Schritt weiter zu gehen. Die Hälfte für das jeweilige Parlament wird per Los bestimmt. Dieses Los, dass sich an Fähigkeiten und Status (alt, jung etc.) orientiert, sorgt dafür das man wirklich einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung erhält, der dem Teil der Bevölkerung gegenüber steht, der bestimmte Ideen und Konzepte hat.

Und sicher, hier ist langfristig ein Feld für Statistikmanipulation gegeben, dem entgegengewirkt werden muss. Ich denke, so etwas lässt sich in einer Verfassung regeln.

Die Angst, die manchmal geschürt wird, dass ja die Politiker viel besser wüssten als jeder andere, was gut für uns ist, wird konterkariert durch die Anzahl der Berater, die anscheinend jeder Politiker braucht. Wobei noch nicht mal die Ergebnisse für sich sprechen. Es ist, um es simpel zu sagen, elitäres Gehabe, mehr nicht.

Und wenn der Schuster von nebenan einen Berater braucht? So what? Wäre jetzt keine Verschlechterung. Obwohl ich bezweifle, dass der Schuster von nebenan einen Berater braucht. Der redet notfalls mit den Leuten. Wie sonst auch.