Gewagte Hypothesen

Aufgrund meiner eigenen empirischen Erfahrungen, die nicht verallgemeinert werden sollte, wage ich es trotzdem einige Hypothesen aufzustellen:

  1. Menschenmassen verhalten sich ab einer gewissen Menge wie physikalische Partikel. Intelligenz oder Kultur spielt eine extrem untergeordnete Rolle, wenn überhaupt.
  2. Intelligenz, Kultur und Bildung wirken sich indirekt proportional zu Anzahl der beteiligten Individuen aus.
  3. Wehre den Anfängen (Principiis obsta schon seit Ovid bekannt) erfordert Kipp-Punkte erkennen zu können. Am Besten bevor sie eintreten.
  4. Wir sind semi-intelligente, organische Mustererkennungsautomaten.

Zu Punkt 1 reicht es aus meiner Sicht, die bekannten Massenveranstaltungen mit Panik-Effekt zu untersuchen, bzw. die Polizeitaktiken zur Einkesselung zu studieren. Wenn die Masse gross genug ist, sind physikalische Gesetzmässigkeiten dominant. Unabhängig von den Absichten des Einzelnen in einer Masse.

D.h. eine Person wird als Punkt in einer Masse dargestellt und von dessen Position aus gesehen, kann die Person nur Verbindung zu anderen Punkten in der Masse, aber zu keinem Punkt ausserhalb der Masse herstellen. Unter Berücksichtigung aller Möglichkeiten (Sicht, Bewegung …) in Hinblick auf Erreichbarkeit (möglicherweise kann die Person den Himmel sehen, hat aber keinen Senkrechtstarter zur Verfügung).

Wer schon einmal bei einem Rock-Konzert von der Menschenmenge dahinter an der Absperrung zur Bühne fast erdrückt wurde, kann diesen Gedankengang sicherlich leicht nachvollziehen.

Mathematisch gesehen befindet sich die betreffende Person in einem dreidimensionale Gitter, dass in verschiedene Richtung beschränkt ist. Einerseits in Bezug auf Erreichbarkeit, andererseits in Bezug auf den Handlungsspielraum.

Eine Welle, die sich aufbaut, hat nur eine Richtung. D. h. wir haben eine Kraft (Ursachen kann es viele geben), die im konkreten Fall in eine Richtung wirkt.

Ich vermute, dass es eine schwache Kraft, wie die Gravitation sein muss. Denn die Kumulation von schwachen Kräften über Zeit ist einerseits oftmals stärker als eine starke Kraft in kurzem Zeitraum und andererseits können diese Kräfte, sobald aufgebaut und aktiv wirkend, kaum noch kontrolliert oder gestoppt werden.

Man möge an eine Welle, einen Tsunami, denken. Maximal können, meines Erachtens, solche Kräfte kanalisiert werden, wenn überhaupt.

Es könnte natürlich sein, dass ich den aktuellsten Anti-Grav-Rucksack übersehen habe (Zwinkersmiley wie Martin Sonneborn zu sagen pflegt).

Man stelle sich den Mensch als einen Wassertropfen im Ozean vor, der, by the way, mehr Optionen hat, da Wasser immer ein Raum der Quasi-Schwerelosigkeit ist, also alle Dimensionen, auch oben und unten, angestrebt werden können.

Okay, falsches Bild, man stelle sich den Menschen als Wassertropfen in einem Fluss vor. Das kommt der Realität schon wesentlich näher. Die Optionen auf der Z-Achse sind nach unten und nach oben begrenzt.

Der Fluss ist gleichzeitig Kraft und Masse. Zusammengesetzt aus, verhältnismässig gesehen, quasi-masselosen H2O Partikeln, die über ihre schiere Gesamtmasse eine Kraftrichtung gemäss der wirkenden Gravitation haben. Also bei uns und aus unserer Sicht gesehen nach unten streben. In Richtung der Gravitationssenke.

Ein Fluss bietet sich in vieler Hinsicht als Analogon an. Auch ein Fluss entsteht aus vielen kleinen Rinnsalen. Das heisst nicht, dass ein Fluss und eine Menschenmasse dasselbe sind. Diesen Irrtum sollte man nicht begehen.

Es heisst nur, dass sowohl bei einem Fluss, wie auch bei Menschenmassen, sehr oft die selben Prinzipien dominant sind. Egal was ein einzelnes H2O oder ein aus mehreren H2O und anderen Bausteinen zusammengesetztes Objekt (z.B. Mensch) denkt, empfindet, intendiert …

Es mag sicherlich sein, dass die Handlung eines einzelnen Elements, ob es ein Schmetterlingsflügelschlag oder bewusstes / unbewusstes Handeln ist, den Ausschlag geben kann, für den weiteren Verlauf der Dinge.

Ich befürchte allerdings, das weder bewusstes noch unbewusstes Handeln in einer Massensituation auch nur einen nachweisbaren statistischen Effekt erzielt, von Ausnahmen abgesehen, die der Median glättet.

Die Dominanz der physikalischen Gesetze sollte uns als Menschen auch so geläufig sein. Wir können nicht aus eigenem Antrieb fliegen. Eine lächerlich schwache Kraft, wie die Gravitation, verbunden mit unserem Knochenbau und unserer Seins-Struktur verhindert dies effektiv.

Ja, klar, wir können von der Klippe springen. Aber Fliegen bedeutet nun mal, wir könnten auch wieder dort landen, wo wir gestartet sind.

Eine entsprechende Formel müsste also in der Lage sein, den Kipp-Punkt zu bestimmen, an dem die physikalischen Gesetze absolut dominant werden. Für eine gegebene Menge und Situation.

Wir hätten also schon einmal das Ergebnis Kipp-Punkt PDOM (Physik dominant), ein Wert, der idealerweise zwischen 0 und 1 oder -1 und +1 liegen sollte.

Wir haben eine Menge an Entitäten (sei es ein Wassertropfen oder ein Mensch), die zumindest in dieser Welt, immer die Eigenschaft Gewicht haben. Mit der Eigenschaft Gewicht ist auch immer eine Kraftrichtung verbunden. Wir können also für EntABSTRACT (abstrakte Entität) annehmen, dass diese e = mc2 oder F = ma entspricht.

Die Menge an Entitäten ist somit als EntABSTRACT definiert. Nennen wir sie CatSCHROEDINGER.

Ohne Normalisierung haben wir also schon mal die einfachen Teile:

PDOM = CatSCHROEDINGER (Rechenoperation) (Situationsvariable)

Da wir permanent bei Naturgesetzen auf die umgekehrte Proportionalität stossen, würde ich intuitiv ein (CatSCHROEDINGER)2 annehmen. Allerdings ist auch die Situationsvariable ein guter Kandidat für ein Quadrat.

Desweiteren stellt CatSCHROEDINGER nur die potentielle Energie dar. In den wenigsten Fällen (Spontane Selbstentzündung?) wird diese Energie direkt und komplett umgesetzt oder freigesetzt (oh du Atom, was spaltest du mich, da spalte ich dich, ach alles Haarspalterei …).

Die Situationsvariable, so viel ist klar, muss ein topologisches Ereignis beschreiben. Ob dies ein Diskussionkorridor oder ein Kanal für einen Fluss ist (um zwei Extreme zu benennen), ist dabei nebensächlich. Es gilt den abstrakten topologischen Kern der Situation zu erfassen.

Allerdings gilt es hier extrem zu abstrahieren. Physikalisch ist immer Masse im Spiel, aber ein oder mehrere Korridore, die Energien kanalisieren, müssen nicht realer Natur sein. Wenn eine Masse von Entitäten (sagen wir mal Kakerlaken, die sind zahlreich, oder Elefanten, die sind beliebter) meint, riecht, fühlt, hofft, in einer bestimmten Richtung gibt es Wasser (ist gerade lokal ausgegangen, wer hätte denn damit rechnen können …), wird diese Masse an Entitäten sich in die entsprechende Richtung bewegen.

Dabei wird die schiere Masse dieser Entitäten zu dauerhaften Veränderungen auf ihrem Weg führen.

Vorsicht, dies ist eine Annahme meinerseits!

Ungeachtet dessen, die Situation ist, Entitäten suchen nach lebensnotwendigem Wasser und begeben sich in die, aus ihrer Sicht, wahrscheinlichste Richtung.

Es gibt hier einen Überlebensimpuls, der aber nur sehr weit entfernt und implizit mit einem physikalischem Impuls (Unterversorgung mit notwendigen Nährstoffen) zusammenhängt.

Dieser Impuls ist intrinsisch, bezogen auf Lebensformen, aber nicht im Sinne Newtons oder Einsteins, physikalisch. Es gibt keine Kugel, die eine andere Kugel anstösst (ausser die Schildkröten ganz bis nach unten) oder eine Masse, die eine andere Masse zwingend anzieht.

D.h. vorhersagbare Systeme ergeben unvorhersagbare Kräfte. Trivial formuliert.

Leben ist in sich sozusagen die erste Stufe der Virtualisierung von Kräften. Diese Kräfte wirken sich erst aus, wenn die entsprechenden Entitäten eine als lebensbedrohlich empfundene Situation erreichen. Die Definition von lebensbedrohlich ist extrem variabel und hängt sehr von Kultur und Wohlstand ab.

Für den mit Wohlstand gesegneten mag schon ein Job-Verlust lebensbedrohlich wirken. Für alle Entitäten gilt jedoch in der Regel, symbolisch gesagt, wenn das Messer an der Kehle kratzt, dann scheint es lebensbedrohlich zu sein. Ausser man befindet sich beim Friseur und geniesst die Rasur.

Wenn es blöd läuft haben wir hier noch einen dynamischen Faktor, der die empfundene Bedrohung klassifiziert. Oder zumindest den abstrakten topologischen Kontext mitdefiniert.

Doch damit kämen wir in Teufels Küche. Wir müsste Empfindung definieren und klassifizieren, wie auch Bedrohung. Alles subjektive Werte, die sich schon ob der Masse einer Analyse widersetzen.

Wir könnten natürlich auch versuchen, dieses Riff zu umschiffen, indem wir uns nur auf die Auswirkungen konzentrieren. Und diese den Ursachen hypothetisch gleichsetzen. Dies würde aber implizieren, dass wir möglicherweise etwas korrekt historisch nachvollziehen können. Aber eine Voraussage ist nur begrenzt möglich, wenn sie sich auf vergangene Tatsachen beruft (das war schon immer so, das wird auch immer so sein …) und deren Daten benötigt.

Ich schätze es wird ein bisschen in die Richtung Wettervorhersage gehen müssen.

Zu Punkt 2 Kurzfassung: Je mehr Masse, desto primitiver. Vielleicht halbseidenen „Beweis“führung zu Punkt 1, wenn ich den mal abschliesse.

Zu Punkt 3 Kurzfassung: Wir sollte Kipp-Punkte frühzeitig erkennen können, auch wenn dies ausserhalb unserer Lebenzeit liegt. Aber wie?

Zu Punkt 4: Mustererkennung ist ein wesentlicher Vorteil und Nachteil unserer Existenz. Statt reaktiv auf ein physikalisches Ereignis in der Jetzt-Zeit zu reagieren, haben diverse Gattungen die Fähigkeit entwickelt Muster zu erkennen und zu verarbeiten. Wir gehören wahrscheinlich auch dazu (sorry, Zynismus off).

Wenn die erkannten Muster dann mit Erfahrungen verknüpft werden, dann ist, aus meiner Sicht, die Bildung eines, wie auch immer gearteten, Bewusstseins unabdinglich.

Mal ein einfaches Beispiel: Ich stosse mir öfter mal den Kopf an irgendeiner Kante. Mittlerweile verstärkt meine Mustererkennung Kanten, denen ich zu nahe komme. Ich sehe diese auf einmal grösser, da fokussiert.

Die Rechenlogik ist simpel: Ich erkenne ein Muster, das mit bestimmten, erinnerten (aber nicht unbedingt objektiv wahren) Ereignissen übereinstimmt und das die Integrität meines empfundenen Seins verändert hat. Ich verstärke, fokussiere es. Ob optisch, akustisch, taktil oder olfaktorisch.

Ein kleiner Schritt zurück. Ich behaupte jetzt einmal ganz frech, wir haben vier äussere Sensoriken, mit denen wir primär versuchen, zukünftige Ereignisse über Mustererkennung einzuordnen um die Überlebensfähigkeit der Entität Mensch (mit Absicht verwende ich nicht den Begriff Gattung) in ihrer subjektiven Ausprägung zu erhöhen.

Wie schon genannt, ordne ich da die optische Erkennung (was wir sehen), die akustische Erkennung (was wir hören), die taktile Erkennung (was wir körperlich spüren, wie Haare die sich aufrichten) und die olfaktorische Erkennung (was wir riechen) in die wesentlichen Sensoriken für, nennen wir es „Früherkennung“, ein.

Um einen groben unzureichenden Bogen zu spannen (Vereinfachungen haben oft mehr Gefahren als Nutzen), bestimmt die Wahrnehmungen dieser vier Sensoren unser Reaktion auf Ereignisse. Und zwar bevor wir uns der Situation bewusst sind.

Das Bewusstsein ist eine Nachverarbeitungs- und Kontrolleinheit, aus meiner bescheidenen Sicht, die die Reaktionen analysiert und einordnet. Wie auch die Impulsverbindungen zwischen Erfahrung und Wahrnehmung schafft.

Alle Sensoriken basieren auf Mustererkennung. Legt man über die Mustererkennung aus den vier Sensoren eine Mustererkennung, die aus allen Einzelinformationen die Relevanz bildet, also den Faktor, der als empfundene Bedrohung oder Bereicherung für die empfundene Existenz wahrgenommen werden soll und eine Reaktion hervorruft, dann erhält man, so meine provokative Behauptung, zwangsläufig ein Bewusstsein. Wie auch immer geartet.

Wenn wir von der Grundform einer Zelle ausgehen, egal ob Einzeller, Pflanzenzelle oder sonst etwas, das nur aus einer Hülle und einem Inneren besteht, das keine Hülle mehr hat, dann kommen wir an die Anfänge der Wahrnehmung. Denn alles Leben hat schon einen RNS/DNS Schnipsel, sei er noch so klein gewesen. Der Schnipsel, der den Bauplan der Zelle enthält und Zellteilung ermöglicht.

War sicher ein langer Weg bis nur zu diesem Punkt.

Und nochmal zur Erinnerung, dies hier sind steile Hypothesen, keine Tatsachen.

Diese Zelle hat am Anfang auch nur ein einziges Ziel: Vermehre dich!

Je nach Situation mag dies mehr oder weniger glücklich verlaufen. Quasi zwangsläufig wird die natürliche Auslese je nach Situation und Umweltbedingung dem einen oder anderen Bauplan den Vorzug geben.

Und was dann?

Angepasste Zellen gedeihen und vervielfältigen sich prächtig, optimal angepasst an die jeweilige Umgebung. Kleiner Exkurs, Zellteilung: Man mische Hefe, Zucker und ein bisschen Wasser, dann kann man das in Echtzeit sehen. So Zeitfaktor und so …

Dann kommt irgendein Ereignis, alle Ressourcen aufgebraucht, ein Depp latscht in die kleine Pfütze und verteilt sie so, dass alles Wasser verdunstet etc., und was dann?

Der optimale Bauplan hilft nicht weiter. Informationsspeicherung wird notwendig. Und wo, wenn es noch fast nichts gibt? Am RNS/DNS Strang anhängen wäre eine Option.

Nur, wie löst man das effektiv und ressourcensparend?

Als Informatiker würde ich jetzt sagen, füge bei der Vervielfältigung einen RNS/DNS Schnipsel an, der überschreibbar ist. Jede unerwartete Aktion/Reaktion, die nicht mit dem bekannten genetischen Muster abgeglichen werden kann, wird auf diesem Schnipsel gespeichert.

Somit könnte sich eine Fähigkeit vervielfältigen, die dazu beigetragen hat, ein Ereignis zu überleben, z.B. Einkapseln bei Trockenheit und bei Wasserzufuhr wieder aktiv werden. Ah, erinnert auch an Hefe, nicht wahr?

Und dann ist auch fertig für eine einzelne Zelle. Wir kommen zu den Zellhaufen. Und wir sind immer noch bei der Annahme, die letzte Reaktion auf ein unvorhergesehenes Ereignis wird genetisch gespeichert.

Also Zellhaufen. Ja wir sind auch einer. Aber ein Zellhaufen aus Zellhaufen aus Zellhaufen … bis ganz zum Boden um es mal überspitzt zu sagen.

Gehen wir mal ganz einfach davon aus, dass wir einen Zellhaufen von zwei Zellen haben. Ein genetisches Merkmal haben sie gemein, sonst könnten sie auch keinen Haufen bilden und jeder hat ein Extra-Merkmal. Also 24 Möglichkeiten, die vorhandenen Fähigkeiten der einzelnen Zellen im Zellhaufen zur Wahrnehmung zu erweitern, wenn man den Zustand eines Schnipsels als 0/1 aktiv/inaktiv definiert.

Nun, wenn das funktionieren soll, irgendwie, bedingt das Kommunikation. Nur einen minimalen Impuls, aber dieser Impuls muss wahrgenommen und verarbeitet werden.

Ist blöd jetzt, wir haben ne Minimalversion einer Zelle, die kann noch fast nichts. Eine kann sich einkapseln, eine kann Nahrungsquellen spüren und so weiter.

Im Team könnten sie mehr, aber keiner kann mit keinem reden. Was nun?

Hier kommt uns die Physik zu Hilfe. Actio = Reactio. Wenn eine Zelle reagiert, wird es jede andere Zelle im Zellverbund spüren, sofern ein direkter Kontakt besteht. Indirekte Kontakte schwächen das Signal eventuell ab, eine Verstärkung ist auch möglich, aber es gibt einen Impuls. Einen Impuls der beim ersten Mal den anderen Zellen im Zellverbund unbekannt ist und somit den RNS/DNS Schnipsel überschreibt.

Wenn der Zellverbund überlebt, wurden damit Muster in der RNS/DNS aller Zellen des Zellverbundes abgelegt, die ein neues Verhalten des Zellhaufens verursachen.

Und irgendwann, nach Zellhaufen mit Zellhaufen auf Zellhaufen kommt die Wetware. Die Lebenszeit des Zellhaufens ist so lang, dass eine reine RNS/DNS Speicherung nicht mehr ausreichend ist. Die Komplexität nimmt mit der Masse der Zellhaufen zwangsläufig zu. Es müssen Entscheidungen getroffen werden, Muster erkannt werden. Jedes einzelne Zucken einer Zelle könnte in die falsche Richtung führen, wenn es nicht richtig eingeordnet wird.

Dazu braucht es keine externe Kraft. Die Zellhaufen, die falsch zucken, überleben einfach nicht. Und wenn doch, war das Zucken nicht schädlich.

Aber der Zellhaufen lebt zu lang. Es ist pure Energieverschwendung bei jedem Zucken das RNS/DNS Schnipsel zu überschreiben. Doch dafür braucht es einen neuen Impuls, den alle, oder zumindest die meisten, Zellen verstehen.

Wir sind immer noch bei der gnadenlosen Auslese.

Es schien eine oder mehrere Situationen auf diesem Planeten gegeben zu haben, in der diese Basiskommunikation, einer neuer Impuls, nicht in RNS/DNS gegossen, eine Chance bekommen hat.

Die Komplexität der Mustererkennung, schon auf der Ebene von Zellhaufen, die nur ein paar Millionen Zellen umfassen, wir erinnern uns, Hefe, ist atemberaubend. Und alles nur RNS/DNS. Kleinvieh macht auch Mist, hiess es manchmal.

Solange der Zellhaufen, Hefe zum Beispiel, sich nicht zu einer höheren Organisationsform zusammenfindet, bleibt es aber auch dabei.

Wasser trocknet aus, Hefe trocknet aus, Warten auf bessere Zeiten …

Sind wir aber auf einer höheren Komplexitätsstufe angelangt, der Zellhaufen kann sich als Zellhaufen replizieren, dann wird alles anders. Der Zellhaufen wird zu mehr als die Summe seiner Teile.

Erfolgreich in der Auslese kann nur der Zellhaufen sein, der richtig reagiert. Und richtig reagieren ist schwierig, wenn der Impuls direkt kommt.

Wir haben schon bei einem Zellhaufen von zwei Zellen 24 mögliche Muster. Es liegt quasi auf der Hand, dass Mustererkennung eine Basisfähigkeit von Zellhaufen sein muss.

Hier kommt die Fähigkeit von Zellen ins Spiel Impulse aufzunehmen, weiterzuleiten oder zu blockieren. Mit der Zellmembran, die für bestimmte Elemente durchlässig ist und für andere nicht, haben wir einen rudimentären Filter.

Die Annahme das jede Zelle ihren eigenen Status verwaltet, in dem zusätzlichen Gen-Schnipsel, führt allerdings zu Problemen, wenn sich der Zellhaufen replizieren können soll. Insbesondere wenn die Anzahl der Zellen steigt. Zwar könnte sich auf einen Impuls hin jede Zelle des Zellhaufens teilen. Aber wie finden die neuen Zellen zur neuen Zellhaufenstruktur? Und was passiert, wenn eine Zelle stirbt oder gefressen wird. Es liegt also ebenfalls auf der Hand, dass es sinnvoll wäre, wenn jede Zelle des Zellhaufens den kompletten Bauplan des Zellhaufens in sich hat.

Auch dazu benötigt es keine Absicht. Es ist klar, dass ein Zellhaufen, der komplett aus nur einer überlebenden Zelle wiederhergestellt werden kann, evolutionär im Vorteil ist. Abgesehen davon, dass wir anhand der Realität sehen können, dass dieses Modell erfolgreich war.

Vom Zellhaufen zum Wurm ist dann nur noch ein kleiner Schritt und aus meiner Sicht der erste Schritt zum Darm, wie er von vielen nicht standortgebundenen Lebewesen bekannt ist. Die Umgebung aufnehmen, auf verwertbare Inhaltsstoffe filtern und den Rest ausscheiden.

Und dann wir. Wir sind jetzt mal, wie die meisten Säugetier, ein sehr komplexer Zellhaufen. Hoch ausdifferenzierte Zellstrukturen für diverse Aufgabenbereiche. Das heisst, genaugenommen, wir haben eine so komplexe Mustererkennung, mit komplexen Verstärker- und Abschwächer-Einheiten, das es fast wie intelligentes Verhalten wirken könnte.

Das bringt uns natürlich zu der Frage wie Intelligenz zu definieren ist.

Ich unterscheide zwischen Bauernschläue, reaktive Intelligenz, die in einer konkreten Situation nützliche Handlungsmuster abrufen kann und erweiterter Intelligenz, was bedeutet, Situationen in fernerer Zukunft zu antizipieren und darauf vorbereitet zu sein oder, noch besser, Situationen durch proaktives Handeln verhindern oder herbeiführen, die der Mehrheit der Beteiligten gerecht wird und die Überlebensfähigkeit stärkt (ich weiss, dass diese Aussage von Faschisten missbraucht werden kann, es ist trotzdem wichtig, sich diesen Teil zu vergegenwärtigen, Zivilisation ist, was man daraus macht …).

Wird nach Lust und Laune fortgesetzt …

Geschmacksverlust durch COVID – NEIN

Nach meiner empirischen Erfahrung mit COVID Varianten neige ich mittlerweile dazu, das, was ich als Geschmacksverlust empfunden habe, als Geruchseinschränkung zu definieren.

Bei der letzten Variante, die ich hatte, waren keine Krankheitssymptome im Spiel, daher konnte ich den „Geschmacksverlust“ besser beobachten.

Es fing damit an, dass alles den gleichen Geruch hatte. Und dann den Geschmack, der zum gleichbleibenden „Geruch“ passte, irgendwie. Ich konnte auf der Zunge scharf, süss, sauer und bitter unterscheiden. Aber alles scharf, süss, sauer und bitter schmeckte gleichzeitig nach dem Geruch, der mir in der Nase hängengeblieben ist (leicht fischig, faulig, wie Krabben am Strand riechen).

Erst da kam ich darauf, dass das Geschmackserlebnis nicht nur der Geschmack auf der Zunge ist. Nicht nur das Auge, auch die Nase isst mit, sozusagen.

Insofern würde ich sagen, es handelt sich um den Verlust des Geschmackserlebnisses, nicht des eigentlichen Geschmacks via Rezeptoren der Zunge. Und eine partielle Einschränkung des Geruchssinns.

Möglicherweise sogar eingeschränkt auf den letzten Geruch, den man vor oder während einer Infektion wahrgenommen hat. In meinem letzten Fall war das eine „Blaukrabbe“ wie sie auf der Speisekarte genannt wurde. Also die typischen Strandkrabben, keine Garnelen oder „Krabben“ im Krabbencocktail. Nach diesem Geruch kam nichts mehr. Nein falsch, es kam nur noch dieser Geruch. Überall. Jederzeit.

Wäre noch interessant was Wissenschaftler (nicht „die Wissenschaft“) darüber herausfinden. Oder schon herausgefunden haben. Ich war einfach zu faul zum Googeln. Aber für meine Person kann ich sagen, dass ich den „Geschmacksverlust“ mittlerweile sehr genau auf die Geruchseinschränkung zurückführen kann.

Hilft jetzt auch niemandem und als Koch ist man damit aussen vor. Wenn man seinem Geschmacks- und Geruchssinn nicht mehr trauen kann, wird das nix mehr mit Sternekoch oder so. Zum Glück bin ich nur Hobbykoch, aber das heisst trotzdem, Kochen für Gäste nur noch mit einem Abschmecker, der noch alle Sinne beisammen hat.

Götter …

Der Gott der Widerspenstigkeit
der … der tut mir jetzt schon leid
Wenn ich ihn einst werd‘ sehen
Wird ihm das Lachen wohl vergehen

Prometheus‘ Schicksal wird wie Urlaub ihm erscheinen
Wenn Faust und Zorn in seiner Fratze sich vereinen
Doch das wird nur ein Zeitvertreib
Ich rück ihm richtig auf den Leib

Was er auch anpackt, ich bin da
Versau es ihm, ganz wunderbar
Lass‘ nie nicht zu, dass ihm gelinge
Und bin dabei noch guter Dinge

Ein Sticheln hier, ein Scheitern da
Vielleicht wird ihm dann endlich klar
Wie es sich anfühlt all die Zeit
Wenn Widerspenstigkeit ihn stündlich freit

Was? Solch Gott hat’s nie gegeben?
Ach wart’s nur ab, dann wirst auch du’s erleben
Der Mensch, dass ist doch sonnenklar
Erschafft die Götter, macht sie wahr

Kein Gott würd‘ wandeln in der Welt
Wenn Mensch dem Gott nicht Treue hält
Wenn Glauben nicht den Gott erschafft
Und ihn erfüllt mit Menschenkraft

Ach nee, du glaubst es nicht, na und?
Vielleicht gab’s ja ’nen Götterschwund …
Drum schaff‘ ich mir, vermittels Leid
Den Gott der Widerspenstigkeit

Wenn du ihn siehst, wirst du’s erkennen
Du kannst ihn gern auch anders nennen

Philosophie – die faule Schwester der Kunst?

Kannst du dir vorstellen, dass du einen Film siehst, bei dem Menschen in Konflikt mit einer anderen Gattung sind und du bist die ganze Zeit begeistert, wenn wieder ein Mensch stirbt? Hoffst sogar darauf? Während du traurig und entsetzt bist, wenn einer stirbt, der nicht zu deiner Gattung gehört?

Kannst du dir vorstellen, jemand sticht die Nadel in eine Gummihand und du empfindest den Schmerz, als ob er dir zugefügt wurde?

Nein? Dann wurdest du noch nicht mit der Macht der Bilder konfrontiert.

Seit den alten Griechen hat die Philosophie sich auf die Sprache fokussiert. War ja Sprache das einzige brauchbare Werkzeug, um die Bilder im Geist zu beschreiben und mit anderen zu teilen.

Und das war auch lange Zeit richtig, Bilder spielten kaum eine Rolle. Doch spätestens seit der Zeit, in der man sich mit Abbildungen Gottes und Jesus beschäftigt hat, hätte ja mal einer der Philosophen aufwachen können und bemerken, dass es jetzt Bilder gibt, die ohne Worte wirken.

Und was macht man? Gehört zur Kunst, interessiert uns nicht oder nur am Rande. Welch grandioser Fehler, welch Versagen auf der ganzen Linie!

Ihr ureigenstes Werkzeug, das Bild, zu dem Bild in ihrem Kopf, mühsam mit Sprache beschrieben und seziert, liegt offen vor den Philosophen dar und sie erkennen es nicht? Ignorieren es sogar? Ein Bild sagt mehr als tausend Worte und den Philosophen fällt nix anderes ein als zweitausend Worte?

Als diese Bilder dann auch noch Laufen und Sprechen lernten, wo waren da die Philosophen. Unvorbereitet, aber wenigstens überrascht, keuchend, ob der Ungeheuerlichkeit der Weiterungen, etwa zuhause im Sessel, draussen auf der Strasse oder doch weiter in ihrem Elfenbeinturm der Sprache?

Diese Ignoranz hat dazu geführt, dass eine Leni Riefenstahl so überraschend erfolgreich war, dass Disney immer noch so erfolgreich ist und Hollywood gleichermassen. Denn es gab niemanden, der auch nur ansatzweise dagegen gehalten hätte, eine kritische Position entwickelt hätte, die in der Öffentlichkeit diskutiert wurde. Denn wenige Philosophen hatte überhaupt eine Ahnung, was Bilder bewirken können. Insbesondere im Verbund mit Worten. Auch etwas seltsam, von der Macht der Worte war man ja gleichwohl überzeugt.

Vor allem, man zog nicht gleich. Schuster bleib bei deinen Leisten, wir schreiben weiter Bücher. Filme machen? Das ist was für Avantgardisten und Profiteure. Die Philosophie an sich? Zu faul, soll doch die Kunst mal machen.

Regisseure und Medienkritiker müssen sich mehrheitlich darum kümmern, was eigentlich ein fruchtbarer philosophischer Acker gewesen wäre. Denn nehmen wir nur mal die Problematik der Erkenntnis. Wie erkenne ich die Welt? Wie erkenne ich, dass das Abbild der Welt, das ich mir mache, wirklich mit dem korreliert, was da draussen ist? Wie weiss ich, was real ist und was nicht? Wie kann ich es überprüfen?

Ureigenste Fragen der Philosophie. Und Bilder, insbesondere Filme geben ganz neue Antworten darauf. Der Käfig des Buches und der eigenen Phantasie wird verlassen, überlagert von der Bildern der Phantasie eines anderen.

So haben Langzeit-Studien gezeigt, dass Kinder, die z.B. Naturfilme mit Delphinen im Alter von 3 Jahren gesehen haben, diese Bilder in späteren Jahren als reale Ereignisse darstellen. Sie haben es gesehen, sie sind dabei gewesen!

Ebenso gibt es Untersuchungen über optische Täuschungen, die bereits erwähnte Gummihand, die sich optisch an der Position befindet, an der die normale Hand sein sollte, bei denen Schmerz empfunden wird, der einem Gegenstand und nicht dem eigenen Körper zugefügt wird.

Und um zum ersten Beispiel zu kommen, jeder überzeuge sich selbst und schaue sich den Film Planet der Affen: Survival an. In Nullkommanichts befindet man sich in der Position, dass man mit den Affen sympathisiert und sich über jeden getöteten Menschen freut. Obwohl das Setting einigermassen dramatisch ist. Der Fortbestand der Menschheit ist bedroht, eine Affengrippe macht zudem Menschen zu hirnlosen Tieren, wenn sie nicht gleich daran sterben.

Wobei der Film, nebenbei erwähnt, noch ein glänzender Parcours-Ritt über Manipulationstechniken und Stimmungsbeeinflussung ist. Die logische Konsistenz der Geschichte ist dabei Nebensache. Die emotionale Konsistenz muss gewahrt bleiben um den Zuschauer dazu zu bringen, sich mit einer anderen Gattung zu identifizieren und den Wunsch zu haben, die eigene Gattung mit Genuss auszulöschen.

Was sagt uns das aber über unsere Erkenntnisfähigkeit?

  • Wir sind nicht in der Lage unseren ureigenen Körper zu erkennen, wenn wir optisch getäuscht werden.
  • Wir sind nicht in der Lage unseren Selbsterhaltungstrieb aufrecht zu erhalten, wenn wir optisch-akustisch-narrativ getäuscht werden.
  • Wir sind noch nicht einmal in der Lage optische Erinnerungen in Bezug auf ihre tatsächliche Realität abzugleichen.

D.h. die ganzen tollen logischen Sprachgebäude, die errichtet wurden, um Sprache und damit unser Sein besser analysieren und beleuchten zu können, sind das Papier nicht wert. Sie beweisen rein gar nichts, da sie auf Treibsand, auf volatilen Begriffen, aufgebaut sind. In sich logische Zirkelschlüsse, mehr nicht.

Wenn wir nicht zwischen unserem Körper und körperfremden Objekten unterscheiden können, wenn wir quasi unsere Empathie auf andere Objekte ausdehnen können, dann können wir auch kein Annäherung an eine objektive externe Realität erreichen. Zudem wird damit so mancher Science Fiction Roman wahrscheinlich, bei denen Menschen daran sterben, dass sie in einer virtuellen Welt dem Narrativ ausgesetzt sind, eine tödliche Verletzung erlitten zu haben.

Wenn wir innerhalb einer halben Stunde, mehr braucht der Film nicht, dazu gebracht werden können unsere eigene Art als etwas zutiefst Schlechtes und Böses anzusehen und uns über jeden Tod quasi freuen, den einer der unsrigen erleidet, dann haben wir neben dem Problem, den eigenen Körper richtig wahrzunehmen, noch das Problem unsere ureigensten Interessen beschützen zu können.

Wenn wir dann noch bei jeder beliebigen Erinnerung unsicher sein müssen, ob die Kategorie Realität für diese Erinnerung auch zutrifft, dann haben wir eine recht fatale Situation.

Wir wissen nicht nur, dass wir nichts wissen. Wir müssen auch annehmen, dass unser ganzes Weltgebäude im Hirn nur eine Schimäre ist. Eine selbstgemalte und selbst ausgeschmückte Geschichte des eigenen Lebens, in der tatsächliche Bezüge zur Realität gleichsam nur zufällig, wenn überhaupt, vorkommen.

Und wir müssen das, konsequent weitergedacht, eigentlich auf jeden Menschen anwenden. Auch auf alte und neue Philosophen. Da kommt erst recht keine Freude auf. Denn nichts ist sicher, soviel ist schon mal sicher.

Und, zu guter Letzt, dass war alles nur eine Gute-Nacht-Geschichte. Kein Wort davon stimmt und jedes Wort ist wahr. Ich erinnere mich genau.

Philosophie – die traurige Schwester des Glaubens?

Wenn man sich die Geschichte der Philosophie so anschaut, zumindest das, was wir rekonstruieren können und allgemein glauben, so liegt der Schluss nicht fern, dass Philosophie in vielen Fällen, möglicherweise in allen, nur dazu diente, einem entsprechend charismatischem Menschen das Rüstzeug an die Hand zu geben, eine Religion zu gründen oder zu rechtfertigen. Selbst die Naturwissenschaften, die ebenfalls aus der Philosophie hervorgegangen sind, stellen vielleicht nichts anderes als einen Glauben dar.

Und in all meinen Sätzen, die ich bereits bis jetzt geäussert habe, sind schon soviel Implikationen enthalten, dass auch diese oder gegebenenfalls ein Verständnis dieser Worte reiner Glauben ist.

Versuchen wir also, soweit wie möglich von vorne zu beginnen. Und schon da wird es schwierig. Selbst in meinem eigene Leben kann ich nicht so weit zurückgehen, wie ich gerne wöllte. Und alles was ich meine zu wissen, spielt sich nur in meinem Kopf ab und ist ein Glaube meinerseits.

Wir befinden uns also schon mittendrin im Reich der Mythen und Legenden. Selbst wenn wir von gestern erzählen. Wie kam es dazu, mag man fragen und ich kann antworten, frei von der Leber weg, ich weiss es nicht. Aber ich hätte da so ein paar Vermutungen.

Nehmen wir einfach einmal an, die bisherigen Erkenntnisse über Evolution wären nicht grundlegend falsch. Was wäre dann, wenn unsere Intelligenz und unsere Sprache einfach nur das folgerichtige Produkt einer zunehmend komplexer werdenden Sozialgemeinschaft ist. Ein Actio-Reactio auf die Umstände des Seins. Und die Gründe, warum wir ständig nach dem Warum und Wie und Wo fragen, einfach darin liegen, dass dieses Verständnis in einer komplexeren Sozialgemeinschaft elementar notwendig ist, um zu überleben.

Wir kennen aus der Natur auch Sozialgemeinschaften, die dieses Problem auf andere Weise gelöst haben, man nehme hier beispielsweise die staatenbildenden Insekten. Eine starre Funktionszuordnung, nicht mittels genetischer Disposition, sondern gemäss entsprechender Nahrung und Pflege, die eine genetische Disposition auslöst, welche den verschiedenen zukünftigen Staatsbürgern zur Verfügung gestellt  wird. Wie man sieht, ist auch dieses Modell bis jetzt erfolgreich.

Wenn wir dies mit Herden und Gruppen aus dem Bereich der Säugetiere vergleichen, so bestimmt hier ein Bild die übliche Verfahrensweise. Es gibt ein Alphatier und es wird um diese Position konkurriert. Es gibt abgegrenzte Zeiträume für jedes Verhalten. Konkurrenzkämpfe sind letztendlich auf die Brunft beschränkt. Nun versuchen wir gedanklich die Brücke zum Menschen zu schlagen. Immer brünftig, immer empfängnisbereit.

Es braucht nicht viel, um zu erkennen, dass es keine Lösung gewesen wäre, wenn die Menschen sich nur noch um Konkurrenzkampf und Begattung gekümmert hätten. Sie wären verhungert und längst ausgestorben. Stattdessen haben die Menschen den Glauben an den Grund erfunden. Eine sehr clevere Taktik der Evolution um Herrschaftsansprüche einerseits zu rechtfertigen und auszufechten. Andererseits aber die Brunft zu entschleunigen, sie zu befreien vom ständigen Kampf, der ja nur an den Ressourcen der Gruppe zerrt und dem Überleben eher im Weg steht. Zumindest, wenn dieser Kampf dauernd stattfindet.

Und sollten wir diese Geschichte bis dahin für bare Münze nehmen oder für wahrscheinlich halten, dann können wir jetzt einen Schritt weiter gehen, wie jener Mann, der vorher noch am Abgrund stand.

Nicht erst seit es die Philosophen gibt, fragt sich der Mensch, wer bin ich und warum? Oder auch, mit Precht, und wieviele bin ich eigentlich? Den Beweis kann jeder erbringen, der nicht Philosoph ist und sich trotzdem diese Fragen gestellt hat. Zumindest eine Frage kennt wahrscheinlich jeder Mensch: Warum ich?

Nehmen wir einfach mal an, dass die Frage nach dem Grund eine existentielle Frage in einer komplexen Sozialgemeinschaft ist. Eine Frage, deren Antwort bestimmt, ob ich in dieser Gemeinschaft a) eine Überlebenschance habe und b) eine Möglichkeit habe, im Konkurrenzkampf der Gene, sowie um Nahrung Erfolg zu haben. Eine sehr essentielle Frage mithin.

So essentiell, dass sich wieder und wieder Menschen darüber Gedanken gemacht und versucht haben, Erkenntnis zu gelangen. Berücksichtigen wir ebenso, dass man sich ohne Sprache keine Gedanken in der Tiefe machen könnte, wie wir das als Menschen betreiben. Dabei meine ich vor allem den Austausch.

Es lässt sich wohl denken, dass auch jene, die nicht über Sprache verfügen, eine komplexe Innensicht haben, die ihnen hilft, die Welt um sie herum zu verstehen und richtig zu interpretieren. Richtig heisst in diesem Fall schlicht, ich überlebe, dann war es richtig oder ich überlebe nicht, dann habe ich keine Sorgen mehr. Eine komplexe Gemeinschaft geht hier jedoch einen Schritt weiter, nicht jeder Fehler führt sofort zum Tod. Ganz im Gegenteil, Fehler werden abgefedert, dienen als Material zum Lernen.

Unsere komplexe Sprache ermöglicht den Austausch von Gedanken und Bildern der eigenen Innenwelt mit den Innenwelten von anderen. Auch Tiere, was viele oft vergessen, kennen Sprache. Sie besteht in Lautäusserungen genauso wie in Verhaltensmustern und dient ebenfalls dazu, mit der Aussenwelt zu kommunizieren. Das gelingt nicht immer, wenn wir an verschiedene Arten denken, die bestimmte Verhaltensmuster unterschiedlich belegt haben. Man denke nur an Hunde die mit dem Schwanz wedeln und Katzen, die den Schwanz hin- und her zucken lassen, was nicht das Gleiche bedeutet.

Und wie wir auch an diesem Beispiel sehen, ist es wichtig für eine Gruppe, die gleiche Sprache zu sprechen. Nicht nur der Turmbau zu Babel schildert die verheerenden Folgen von permanenten oder zu vielen Missverständnissen. Insofern ist es nicht nur evident, sondern absolut notwendig, nach Möglichkeiten zu suchen, Sprache genauer zu bestimmen. Je mehr Wörter oder Begriffe existieren, desto wichtiger wird dieses Anliegen. Und wenn man über Sprache und Begriffe nachdenkt, dann kommt man leicht in Teufel’s Küche. Denn irgendwann kommt man zwangsläufig zu dem Punkt, an dem man erkennen muss, dass jedes Wort, jeder Begriff, nicht in sich aussagekräftig ist, sondern nur dadurch, dass wir ihn mit anderen teilen.

Doch da wird es dann schwierig. Nehmen wir das Wort Baum. Die meisten können sich sicher darauf einigen, was ein Baum ist und wie er ungefähr aussieht. Zumindest, solange sie nicht Botaniker sind und sich darüber streiten können, ob dies nun ein Baum oder ein Busch ist. Doch wenn wir genauer nachforschen, so werden wir unweigerlich feststellen, dass jede Person ein eigenes Bild von einem Baum hat. Gleichsam eine stilisierte Vorlage, was Platon wohl seinerzeit angeregt haben mag. Und diese stilisierten Vorlagen sind keinesfalls gleich.

Der eine mag sich unter einem Baum etwas in der Form einer schlanken Birke, einer Tanne, einer Weide, einer stämmigen Eiche oder sonst irgendwie vorstellen, aber alle werden sich einig sind (bis auf die Botaniker), was unter einem Baum zu verstehen ist. Und damit haben wir noch gar nicht die Situation der Blinden und ihr Bild von einem Baum betrachtet. Bei Sehenden kann man auf das Objekt zeigen, bei Blinden muss man das Objekt anders wahrnehmen, spüren, hören, was auch immer zur Verfügung steht. Doch wir werden eine Einigung über die Anwendung eines schwammigen Begriffs erzielen. Zumindest solange, solange dieser Begriff mit irgendetwas in der Welt da draussen in Verbindung gebracht werden kann, das auch hinreichend Ähnlichkeiten aufweist, die von anderen ebenfalls verstanden und in Kongruenz mit dem inneren Bild gebracht werden kann.

Je komplexer die Sozialgemeinschaft von Menschen wurde, desto komplexer wurden die Begriffe. Und je komplexer die Begriffe wurden, desto schwieriger wurde es über sie nachzudenken. Allein das Nachdenken der Philosophen über Begriffe hat ja nicht zu einer Vereinfachung geführt. Im Gegenteil, es hat zu neuen Begriffen geführt. Es hat der Komplexität immer wieder ein neues Level hinzugefügt.

Ein Spruch wie cogito ergo sum mutet seltsam an, wenn man gleichzeitig Tieren z.B. die Intelligenz und das Denken abspricht. Sind sie weniger oder genau gesagt nichts, da sie ja nicht denken? Oder denken sie und wir belieben das zu ignorieren um unser Weltbild nicht zu gefährden? Es ist mehr Hybris als Erkenntnis in diesem Spruch.

Und was hat das jetzt mit der Philosophie zu tun und warum soll sie die Schwester des Glaubens sein. Traurig zudem?

Gemach, sage ich, gehen wir noch einen Schritt weiter, während wir auf den Abgrund zurasen. Wenn wir annehmen, dass Worte und Sprache dazu dienen, das Bild, das wir von der Welt haben, anderen mitzuteilen und wenn wir weiter annehmen, dass diese Worte beliebig sein können, solange wir uns nur darauf einigen und wenn wir dann noch annehmen, dass es Worte gibt, die keine reale Entsprechung in der Welt haben, dann, ja dann haben wir den Salat.

Wir haben einen Glauben. Den Glauben daran, dass Worte ohne Entsprechung in der realen Welt einen realen und erfahrbaren Bezug haben. Insbesondere wenn wir zum Beispiel einer Gruppe begegnen, die sich über die Bedeutung eines Begriffes geeinigt hat, die wir nicht teilen. Im harmlosesten Fall wird diese Gruppe lediglich argumentativ versuchen, ihre Vorstellung, ihren Glauben durchzusetzen. Wer jetzt an den Islam gedacht hat, sollte sich möglicherweise fragen, welcher Gruppe und Definition er angehört. Und wie er darauf reagiert. Um ein zeitgemässes Thema einzuflechten.

Und falls jemand meint, nicht gläubig zu sein, aber an die Demokratie, den Kapitalismus, den Kommunismus oder was es da nicht noch alles für Modelle gibt, „glaubt“, dem sei gesagt, wo bitte schön, liegen jetzt die Unterschiede zur Religion? In jedem politischen System, glaubt der Bürger, dass das System funktioniert, dass Politiker ihre Wahlversprechen halten, ja man glaubt sogar trotz besserem Wissen daran und wählt Parteien, die einen wieder und wieder betrogen haben. In der Hoffnung, dass es irgendwann mal besser wird. Was anderes soll das sein, als Glaube? Religion?

Um es noch schlimmer zu machen, wir sehen anhand der Beispiele, dass virtuelle Begriffe einen realen Bezug entwickeln können. Dieser Umstand hat Denker in aller Welt und zu allen Zeiten immer wieder in tiefste Verwirrung gestürzt.

Die Erfindung der Naturwissenschaften durch die Philosophen der alten Schule erscheint daher nur als folgerichtig und zwingend. Ebenso wie ihre Abspaltung von der Philosophie, da die Naturwissenschaften sich eben mit all dem beschäftigen, dass eine reale, nachweisbare Bezugsebene hat (was auch immer real sein mag). Auf dieser Ebene lässt sich relativ sauber agieren, zumal die Regeln der Naturwissenschaften schon im Ansatz versuchen, den Glauben aussen vor zu halten, auch wenn ihnen das nicht immer gelingt. Der Mensch glaubt halt gern.

Doch mit ihrer fundamentalen Regel, dass Hypothesen und Annahmen solange gelten, solange kein Gegenbeweis erbracht ist und solange diese Hypothesen und Annahmen sich konkret nutzen lassen, sowie verwertbare Voraussagen erbringen, sind Naturwissenschaften doch eine der wenigen Glaubensformen, die sich redlich darum bemüht, das Erfahrbare fassbar zu machen, ohne zu schnell zur Religion zu werden. Allerdings lehrt uns die Historie auch, dass kein noch so ausgeklügeltes System jemals dem Missbrauch auf Dauer standgehalten hat.

Die übriggebliebene Philosophie dagegen, entleibt aller Begrifflichkeiten, die fassbar, begreifbar und nachvollziehbar sind, stand nun vor den Trümmern ihrer eigenen Erkenntnis. Und wie brave Schüler der Betriebswirtschaftslehre oder ähnlicher Fächer mussten sie ein Gedankengebäude auf Treibsand errichten. Wie oft wurde nicht der ideale Staat von Philosophen gedacht. Und wann hat es jemals funktioniert? Immer war man geneigt die Rechnung ohne den Wirt zu machen. Sich ein Menschenbild zu eigen zu machen, dass kaum, wenn überhaupt der Realität entsprochen hat, möglicherweise noch nicht mal dem Charakter des entsprechenden Philosophen.

Da stolpert man bei der Suche nach Seele und Gott über die logischen Probleme, die sich mit diesen Konzepten eben nun mal zwangsläufig einstellen und versucht sich in der Quadratur des Kreises, nur um sich nicht eingestehen zu müssen, dass jedes Gesellschaftsmodell auf Glauben beruhen muss. Wird dieser Glaube nicht aktiv von den Mitgliedern der Gemeinschaft geteilt, dann scheitert die jeweilige Regierungsform, das jeweilige Staatsmodell. Man erinnere sich, wie Menschen glauben oder fühlen ob und wie sie von ihrer Regierung vertreten werden. Sie wissen es ja nicht und sie können es nicht wissen. Wie Karl Valentin schon sagte, Vorhersagen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.

Die zugrundeliegenden Begrifflichkeiten, das Eine, das Gute, das Böse usw. entziehen sich einer genaueren Betrachtung, da sie ihrem Wesen nach volatil sind. Abhängig von der Gruppe, die die Deutungshoheit gerade für sich proklamiert. Genauso wie in der Betriebswirtschaftslehre subjektive Annahmen, Einschätzungen oder gar Visionen, das Fundament bilden, auf dem eine wissenschaftliche Vorgehensweise implementiert wird, krankt die Philosophie am gleichen Problem. Je näher und tiefer die Philosophie einen Begriff betrachtet, um so mehr scheint die Heisenberg’sche Unschärfe auch im virtuellen Geistesbereich zuzuschlagen.

Und immer wieder haben sich gelehrte Schüler der Philosophie abgesetzt und gedacht, was nützt mir die Erkenntnis, wenn ich sie nicht umsetzen kann. Denn der Elfenbeinturm mag ja gut für griechische Adlige ohne Arbeit gewesen sein, aber im realen Leben, in dem es eben auch immer um reale, sprich körperlich erfahrbare Dinge geht, geht von der Philosophie eben auch der Reiz ihrer Anwendbarkeit aus. Und diese Anwendbarkeit nennt man heutzutage Religion. Was insofern noch amüsant ist, da die Religion ebenso als Mutter wie Schwester der Philosophie angesehen werden kann. Die Suche der Philosophie nach sinnvollen Lebens- und Staatsmodellen, sozusagen einem Glauben light, der Religionen zwar nicht ebenbürtig ist, da man hier einfach nicht konsequent genug ist, sondern daran krankt, dass man rational, vernünftig und so weiter sein will, verspielt so das eigentliche Potential des Glaubens, Irrationales sinnvoll und für eine Gruppe von Menschen gültig und real werden zu lassen.

Sich in der Philosophie Regeln für ein anderes, vielleicht besseres Leben auszudenken ist gut und schön. Nur hat man hier das Problem, dass die meisten Menschen den Schlussfolgerungen, die zu den Regeln geführt haben, schon nicht mehr folgen können. Vielleicht waren daher einige Philosophen so negativ zu Frauen eingestellt. Die Frauen sind lieber einem charismatischem Prediger, denn einem logischen Querdenker gefolgt.

Bei aller Häme, die man über Religionen ausgiessen mag, so haben sie doch immer auch diverse Regeln enthalten, wie zur Hygiene, die einfach zweckmässig für die jeweilige Grösse der Gemeinschaft waren. Das kommt dem Herdentiercharakter des Menschen zudem entgegen. Wenn man sich keine Gedanken darum machen muss, dann brauch man auch keine Energie dafür aufwenden. Denn alle Lebewesen sind prinzipiell erbarmungslose Energie-Optimierer. Sie müssen es sein, denn sonst wären sie schon längst tot und ausgestorben. Das veränderte Umstände ein Optimierung zu einem Nachteil werden lassen können, ficht das nicht an.

Genauso wie die Philosophie, bestimmen Religionen die Ethik, den Bezugsrahmen für Wörter und ihre Definition. Man mag sich darüber streiten, welche Ethik die bessere ist. Klar ist, dass die Religion der Philosophie dann überlegen ist, wenn es darum geht Massen zu bewegen. Und da sind wir bei der traurigen Schwester angelangt. Jene, die vielleicht noch sagt, ich habe es euch dort vorher gesagt, wohin das führt. Eben jene auch, die in sich nicht die Kraft und den Willen zur Macht hat, ihre Gedanken in das Korsett einer Religion zu verschliessen. Denn dafür braucht es einen charismatischen und überzeugenden Führer mit Machtanspruch und sei es nur wegen der Balz, keinen Nerd, der irgendwo im Keller möglicherweise die richtigen Gedanken hat – was auch immer richtige Gedanken sein sollen.

Es wird noch interessant zu sehen, wie ein Precht damit umgehen wird. Denn bei ihm findet sich beides, das Charisma und die Logik.

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Und, zu guter Letzt, dass war alles nur eine Gute-Nacht-Geschichte. Kein Wort davon stimmt und jedes Wort ist wahr. Denn Wahrheit ist auch nur ein Glaube, eine Übereinstimmung innerhalb einer Gruppe. Genauso wie die Lüge.