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Kaitlyn AM

Kaitlyn war nicht besonders angetan als ihre Schwiegermutter hereinstürmte. Sie wusste auch so, was gerade nicht so gut lief. Also eigentlich allles. Wie auch ihre Schwangerschaft. Hatte irgendeiner jemals erwähnt das dich ein Kind, im allerwenigst schlimmsten Fall nur einen Zahn kostet, von den Verformungen eines einst ansprechlichen Leibes mal abgesehen?

Ein Wesen wächst in dir, du spürst es und du spürst auch, wie es dir dein eigenes Leben aussaugt. Wie es alles von dir fordert und mehr.

Da hilft es auch nicht, wenn man reinspachelt wie verrückt, um die Nährstoffe auszugleichen, die das Kind benötigt. Und man selbst. Das Kind ist einfach schneller.

Sie spürte es schon seit geraumer Zeit, dass ein Backenzahn nicht mehr so richtig wollte. Hatte Doktor Rasen nicht mal etwas erwähnt, das Zähne fast wie Knochen sind, sehr ähnlich?

Naja, dachte sich Kaitlyn, wenn du es für deine Knochen brauchst, gut, aber lass mir noch ein paar Zähne zum Beissen übrig. Bitte.

In dem Moment in dem Lady Sybil hereinstürmte, versuchte sie gerade, ein Brötchen, mit viel Fleisch, sich einzuverleiben. Sie kam da ganz nach seiner Gnaden Mumm, ihrem Stiefvater. Gemüse nur wenn es nicht auffällt. Und erbte somit den Ernährungsstreit, den ihre Schwiegereltern ausfochten. Wenn man vorher gewusst hätte ...

Wahrscheinlich wäre sie dann auch nicht schwanger geworden. Wenn man vorher gewusst hätte. Sie hatte jede Menge Zweifel, ob es das wirklich wert ist. Jetzt. Danach.

Wenigstens war die Küche auf ihrer Seite und ignorierte Lady Sybil's Vorschläge so gut es ging. Entschuldigte sich sogar, wenn aufgrund einer Kontrolle das Gemüse und der Salat überproportional vertreten waren.

Und ihr holder Gatte, so sehr sie ihn auch liebte, war in dieser Beziehung ganz der Sohn seiner Mutter. Fleisch rührte er nur mit der Pinzette an. Um es zu entfernen.

Wieviele Gedanken man doch denken kann, in einem Moment, der nicht länger dauert, als das abrupte Öffnen einer Tür, dachte Kaitlyn noch als sie in das Sandwich ohne Gemüse, ohne Salat und mit viel Fleisch und anderem biss.

Abrupte Türöffnungen verlangen nach entsprechenden Reaktionen. Kaitlyns Reaktion, genauer gesagt, die Körperregion, die man im Allgemeinen Mund, Zunge und Zähne nennt, wurde abrupt unterbrochen in ihrem Tun. Was selten hilfreich ist.

Wer einen Gaul im vollen Galopp auf Speed bremst, weiss was damit gesagt wird. Guten Flug noch.

So passierte es, dass in dem Moment, in dem Lady Sybil ihr Gemach, so sagte man wohl dazu, stürmte, ein herzhafter Biss nur um ein weniges fehl ging. Wenig genug, dass es sie einen Backenzahn kostete, der einfach zerbröselte. Das Sandwich wurde sozusagen richtig kross.

Zumindest war kein Schmerz damit verbunden, nur das unangenehme Gefühl, was mach ich jetzt mit den Bröseln im Mund.

Was Lady Sybil in keinster Weise bemerkte. Sie konnte ihren Sam Mumm und seine Reaktionen auf die Millisekunde genau einschätzen. Aber sie war völlig verloren, wenn es um andere Menschen der Familie ging. Dem Patrizier hatte sie mehr als einmal die Stirn geboten.

Kaitlyn fühlte sich sowohl geborgen, wie auch verloren. Die Mumm's würden alles tun für sie. Definitiv. Solange sie noch schwanger war.

Danach? Wer wusste das schon? Zweite Geige wäre wahrscheinlich Luxus.

Die kurze Bestandsaufnahme, bevor Lady Sybil loslegen konnte war wie folgt:

  • Backenzahn verloren
  • Rückenschmerzen die einen in den Wahnsinn treiben
  • keine zusätzlichen Verrenkungen beim Aufstehen (ein Pluspunkt)
  • Druck auf der Blase
  • und eine entschiedenes NEIN für alles was noch kommt
  • ein Gefühl, dass ein entschiedenes Nein nicht helfen wird

Diese Bestandsaufnahme kostete allerdings genau die Zeit die Kaitlyn gebraucht hätte, um sich gegen Lady Sybil's Ansturm zu wappnen.

Das Lady Sybil das Schinken-SandwichOS1 vollständig ignorierte war ein entscheidender Hinweis.

Ihr wogenden Busen gab dezente Bestätigung für den ersten Hinweis.

Das Lady Sybil aber auch noch eine Gesichtsfarbe aufwies, die zwischen Ich-bin-nicht-da-bleich und Ich-schäm-mich-so-Rot aufwies, die flackerte wie eine kaputte Ampel, war mehr als ein Hinweis.

Etwas Schreckliches war passiert!

"Ist was mit meinem Sam?" hörte Kaitlyn sich ängstlich fragen.

Alles was als Antwort kam, unterbrochen vom Luftholen, Lady Sybil war ja auch nicht mehr die Jüngste, war:

"Komm mit, wir brauchen dich!"

Interessanterweise war Befehle zu erhalten keine von Kaitlyns Stärken. Befehle zu erteilen war eher ihrer Natur entsprechend.

Was eine gewisse Verwandtschaft zu Lady Sybil durchaus möglich machte. Nicht im genetischen Sinn.

Wer mit einem Mumm verheiratet war musste sich behaupten können. Sonst wäre man überhaupt nicht in der Lage einen Mumm zu heiraten, geschweige denn zu lieben. Eine Naturgewalt setzt man am Besten in die Nähe anderer Gewalten. Die Priester von Om sagen, dass würde die Demut fördern. Aber wer glaubt schon an Om?

Der Befehl war erteilt und in Kaitlyn tobte der Widerstand. Seinen erfolglosen Tanz.

Der Ruf war erfolgt. Jetzt hiess es mithalten oder aufgeben.

Eigentlich wäre Kaitlyn beides recht gewesen. Es war sowieso egal. Sie fühlte sich elend, sie fühlte sich schlapp, sie wusste genau, dass jeder Schritt sie nur näher an ihr Grab bringen würde. Aber da jeder Schritt einen näher bringt, näher an das eigene Ende, seltsam dachte Kaitlyn, was man so denken kann, war es auch egal. Und wenn die Familie ruft. Ach egal ...

Sie war jetzt eine Mumm, sozusagen. Sie verschwendete keine Zeit sich entsprechend anzulegen. Das stände einem Mumm nicht und es war ihr, genau wie ihrem Stiefvater, sehr egal um es freundlich auszudrücken. Und wen interessiert es, welche Geige man spielt. Sie muss im Takt und in der Melodie sein. Darum ging es.

Lady Sybil im Kampfmodus war nicht gerade bekannt für ihre Gesprächigkeit, ganz im Gegensatz zu den Kaffeekränzchen und Veranstaltungen, die eine Lady Sybil zeigten, die in der Kunst der Konversation so weit fortgeschritten war, dass ihre Gesprächspartner entweder angeregt sich um Kopf und Kragen schwafelten oder ängstlich auf ein Signal warteten, dass sie reden dürften ohne dafür in der einen oder anderen Weise bestraft zu werden.

Sie war, um es einfach zu sagen, dominat. Eine Naturgewalt, die auch einem Sam Mumm standhält. Sei es der fast Erste, der Zweite oder, wie in Kaitlyns Fall der Dritte oder Soundsovielte in diesem Bunde.

Irgendetwas in ihr versuchte verzweifelt ihr zu sagen, dass die Niederkunft nahe stünde. Und alles was sie diesem Gefühl entgegnete war: "Bitte nicht jetzt!".

work in progress


  1. OHNE SALAT